Kuba:Fiesta ohne Fidel

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Erstmals seit 1959 fehlt der Maximo Lider am Nationalfeiertag. Die Bühne gehört seinem jüngeren Bruder Raúl. Offiziell hängt diesem zwar noch das Attribut Provisorium an, jedoch häufen sich die Hinweise, dass sich Raúls Regentschaft konsolidiert.

Javier Cáceres

Den Riten der kubanischen Revolution zufolge ist der Jahrestag der Erstürmung der Moncada-Kaserne am 26. Juli 1953 die wichtigste Feier im Kalender der symbolhaften Handlungen.

Mit alljährlicher Routine pflegte Comandante Fidel Castro in stundenlangen Reden an jenen waghalsigen Überfall zu erinnern, der scheiterte, aber dennoch den Grundstein für den 1959 folgenden Umsturz legte. Dieses Jahr war aus Camagüey, 540 Kilometer vor Havanna, ein Novum zu vermelden: Erstmals seit dem siegreichen Einzug der Bärtigen um Fidel, Ernesto "Che" Guevara und Camilo Cienfuegos, in Havanna war der Comandante abwesend.

Unmittelbar nach dem bislang letzten öffentlichen Auftritt - am 26.Juli 2006 - hatte er sich aufgrund akuter Darmblutungen einer Notoperation unterziehen müssen; mehrere, zum Teil lebensgefährliche Eingriffe folgten.

Sein Bruder kündigt "große, strukturelle Veränderungen" an

In den vergangenen Monaten war allerdings auf Fernsehbildern eine Besserung des Patienten zu erkennen. Zuletzt hatte sich Fidel sogar als Sportjournalist zu Wort gemeldet und als solcher nicht nur "die deutsche Box-Mafia" angeprangert, die kubanische Faustkämpfer mit schnödem Mammon zum Desertieren ermuntere, sondern sich auch an TV-Bildern von starken, wohlgenährten Rassepferden ("nennen wir sie arisch") erfreut.

Interessanterweise waren am Donnerstag in seinem bevorzugten Verbreitungsorgan, Juventud Rebelde, keine "Reflexionen" enthalten, wie die Kolumnen des 80-jährigen Máximo Líder heißen. Die Bühne gehörte ganz seinem fünf Jahre jüngeren Bruder Raúl, der die Amtsgeschäfte übernommen hatte.

Offiziell hängt ihm zwar immer noch das Attribut Provisorium an, mit seiner Rede zum 26. Juli jedoch gab er einen Hinweis darauf, dass sich seine Regentschaft konsolidiert. Ob er sich allerdings wirklich aus dem Schatten des Bruders lösen kann und will, blieb offen. Denn einerseits kündigte er, bemerkenswert genug, "große, strukturelle Veränderungen" an.

Andererseits aber sollten diese Neuerungen nur wirtschaftlicher Natur sein. Denn, so zitierte Raúl eine Rede des Big Brother aus dem Jahr 2000, Revolution bedeute, historischen Sinn zu haben - "und das zu ändern, was geändert werden muss".

Mit seiner Rede untermauerte Raúl den Ruf, pragmatischer zu sein als Fidel. Ihm wird nachgesagt, ein Anhänger des chinesischen Modells zu sein: marktwirtschaftliche Öffnung bei politischer Rigidität. Ungewohnt schonungslos prangerte Raúl denn auch Missstände an.

Es sei ein Unding, dass Kuba Grundnahrungsmittel wie Milch importieren müsse; der öffentliche Transport sei defizitär, die Wohnungslage auf der Insel alles außer zufriedenstellend. Mehr noch: "Die Einkommen sind eindeutig zu niedrig, um alle Notwendigkeiten zu befriedigen."

Dies zu ändern sei allein deshalb unabdingbar, weil sich in letzter Zeit "Fälle von sozialer Disziplinlosigkeit" gehäuft hätten, die nur schwerlich wieder zu beseitigen seien. Nur zaghaft deutete er an, wie dies bewerkstelligt werden solle. Es werde "keine spektakulären Maßnahmen" geben, wohl aber seien "strukturelle und konzeptionelle" Veränderungen notwendig, um die schwere Wirtschaftskrise zu beenden.

Die Industrieproduktion müsse angezogen, die Landarbeit in "geeigneter Weise stimuliert" werden. Raúl Castro erklärte ferner, dass man auf einen Zuwachs ausländischer Investitionen durch "seriöse Unternehmer" baue.

Auf außenpolitischem Gebiet wiederholte er die harsche Kritik an den Vereinigten Staaten. Sie verfolgten ein "rückständiges und fundamentalistisches" Denken. Gleichzeitig bot er den USA zum dritten Mal innerhalb eines Jahres Gespräche an. Allerdings werde es an der kommenden, nicht an der jetzigen US-Regierung sein, "den Olivenzweig anzunehmen", den Kuba ihr entgegengestreckt habe.

© SZ vom 28.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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