Kroatischer Ex-Geheimdienstgeneral in Deutschland:Eine Auslieferung als Tabubruch

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Josip Perković durfte nur noch schnell eine kleine Tasche packen, dann führten ihn kroatische Beamten ab. (Foto: AFP)

Kroatien hat seinen früheren Geheimdienstchef an Deutschland überstellt. Josip Perković soll in die Ermordung eines jugoslawischen Dissidenten 1983 in Wolfratshausen verwickelt sein. Die Auslieferung ist ein Tabubruch, der Ex-Agent könnte sich noch an seinen Landsleuten rächen.

Von Florian Hassel und Frederik Obermaier

Am Ende ging alles ganz schnell für Josip Perković. Am Freitagmorgen klingelten kroatische Polizisten an seiner Wohnung in Zagreb. Sie hatten einen Haftbefehl aus Deutschland dabei. Perković blieb gerade noch Zeit, sich einen Schal umzubinden, die Mütze aufzusetzen und ein kleines Täschchen zu packen. Dann steigen die Männer mit dem ehemaligen Geheimdienstgeneral in einen Jeep - Ziel war der Flughafen der kroatischen Hauptstadt. Es war der vorläufige Höhepunkt in einem Mordverfahren, das vor 31 Jahren seinen Anfang nahm.

Damals, am 28. Juli 1983, brachten mehrere Unbekannte in einer Garage in Wolfratshausen den Exil-Kroaten Stjepan Dureković um. Der damals 57-Jährige war einst Manager des kroatischen Erdölkonzerns INA und soll einer Veruntreuung auf die Schliche gekommen sein, in die hohe Staatsfunktionäre verwickelt waren. Zudem galt Dureković als Kritiker des jugoslawischen Regimes. Vermutlich deshalb musste er sterben.

Das Oberlandesgericht München verurteilte in der Sache 2008 einen Exil-Kroaten. Er soll den Mördern den Schlüssel zu Durekovićs Garage besorgt haben. Die tatsächlichen Täter blieben jedoch unbehelligt. Ebenso die Hintermänner. Zu ihnen gehörte nach Überzeugung der Münchner Richter der Geheimdienstler Josip Perković. Er war damals Chef der Abteilung "Bekämpfung der feindlichen Emigration" des kroatischen Sicherheitsdienstes - und war in den Augen der deutschen Ermittler der Strippenzieher beim Dureković-Mord. Perković soll die Mörder instruiert haben, auch deren Helfer, und er soll die späteren Tatwaffen per Spedition nach München geschickt haben.

Perković wird seit 2005 per Haftbefehl gesucht. Sein Name prangte lange Zeit ganz oben auf den deutschen Fahndungslisten. Obwohl sein genauer Wohnort bekannt war, waren die deutschen Ermittler hilflos. Kroatien weigerte sich, den Geheimdienstgeneral auszuliefern. Kurz vor dem EU-Beitritt des Landes hatte Kroatien sogar noch ein Gesetz erlassen, das Perković vor Auslieferung schützen sollte - es wurde erst auf massiven Druck der EU-Kommission zurückgenommen.

Der 68-Jährige selbst hatte indes vor Gericht gegen seine Auslieferung gekämpft. Er bestreitet jede Schuld an dem Wolfratshausener Mord und behauptet, ihn erwarte in Deutschland kein faires Verfahren. Vergangenen Dienstag bestätigte jedoch Kroatiens Oberster Gerichtshof die Entscheidung eines Zagreber Gerichts. Kroatiens Verfassungsgericht lehnte eine Verfassungsbeschwerde Perkovićs am Freitag ab.

Mit diesem Flugzeug ging es für den Ex-Agenten nach München (Foto: dpa)

Und so bestiegen mehrere deutsche Polizisten am Mittag Lufthansa-Flug 1713 mit Ziel München. Das Flugzeug landete nach einer guten Stunde, um 14.48 Uhr, am Flughafen "Franz Josef Strauß". Noch auf dem Rollfeld vor Terminal 2 wurde Perković abgeführt.

Einflussreiche Freunde

Damit ist vollzogen, was kaum jemand für möglich gehalten hatte: Kroatien hat einen eigenen Geheimdienstler an ausländische Behörden ausgeliefert. In Kreisen der Dienste gilt das als Tabu. Zumal Perković einflussreiche Freunde hat. Sein Sohn Sasa ist gar der Sicherheitsberater des kroatischen Präsidenten. Perković selbst hatte unverhohlen gedroht, dass er so einiges wisse über "viele wichtige Leute".

Und tatsächlich liegt einiges im Argen: Noch immer sind die Morde an zahlreichen Exil-Kroaten in Deutschland ungeklärt. Denn Dureković war nicht das einzige Opfer. Allein zwischen 1970 und 1989 sollen 21 weitere Exilanten in der Bundesrepublik von jugoslawischen Geheimdienst-Killern getötet worden sein. Und dann wäre da auch noch das Erbe des kroatischen Bürgerkriegs in den Neunzigerjahren: Perković soll so einiges wissen über geheime Geld- und Waffenlieferungen.

Der gefallene Geheimdienstler soll nach einer Nacht im Münchner Polizeipräsidium an diesem Samstag von der Bundespolizei nach Karlsruhe geflogen und dort einem Ermittlungsrichter vorgeführt werden.

Mitarbeit: Florian Fuchs

© SZ vom 25.01.2014/ter - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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