Krise in Lateinamerika:"Fanfaren des Krieges"

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Kolumbien beschuldigt Venezuela und Ecuador, mit den Farc-Rebellen zu kooperieren. Nach der kolumbianischen Militäroperation im Grenzgebiet ziehen nun die Nachbarn Truppen zusammen.

Peter Burghardt

Die Krise in den nördlichen Andenländern nach Kolumbiens tödlichem Militärschlag auf ecuadorianischem Boden gegen die Farc-Guerilla spitzt sich zu. Am Montagabend brach Ecuador die Beziehungen zu dem Nachbarn ab. Auch Venezuelas Regierung verwies die kolumbianischen Gesandten aus und zog sein Personal aus Bogotá ab.

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Der venezolanische Präsident Hugo Chávez beorderte zehn Bataillone mit 5000 Mann an die Grenze zu Kolumbien, sein ecuadorianischer Kollege Rafael Correa will 3200 Soldaten entsenden. Beide werfen Kolumbiens Staatschef Álvaro Uribe vor, fremdes Hoheitsgebiet verletzt zu haben. Am Samstag hatte die kolumbianische Luftwaffe in Ecuadors Grenzgebiet 17 Farc-Rebellen getötet, unter ihnen Sprecher Raúl Reyes. Kubas Revolutionsführer Fidel Castro schreibt, er höre "die Fanfaren des Krieges".

Kolumbiens Regierung verzichtet vorläufig auf Militärbewegungen. "Es gibt keinen Grund", sagte Verteidigungsminister Juan Manuel Santos, "wir bleiben ruhig". Das stimmt jedoch nicht ganz. Zwar lieferte Außenminister Fernando Araujo eine vage Entschuldigung. Die Offensive gegen die Rebellen sei ein notwendiger Akt der Selbstverteidigung gewesen.

Allerdings setzen sich die Anschuldigungen fort. Kolumbiens Polizeichef Oscar Naranjo spricht von Dokumenten, die bei dem toten Reyes sichergestellt worden seien und Verbindungen zu Ecuador und Venezuela bewiesen. Chávez habe die als Terroristen eingestuften Farc mit 300 Millionen Dollar unterstützt. Sie hätten Uribe stürzen wollen.

Vizepräsident Francisco Santos behauptete in Genf sogar, die Farc hätten laut Unterlagen 50 Kilogramm Uran erworben, um "eine schmutzige Bombe zu bauen". Das sei eine Gefahr für Lateinamerika. Präsident Uribe kündigte an, er wolle Chávez vor den internationalen Gerichtshof bringen wegen Beihilfe zum Völkermord.

Venezuela wies die Attacken als Lügen zurück. Man habe Beweise, dass der kolumbianische Ankläger Naranjo in den Drogenhandel verwickelt sei. Den Anschlag auf Reyes bezeichnete Venezuelas Präsident Chávez als "feigen Mord des US-Lakaien" Uribe. Der amerikanische Präsident George W. Bush stärkte seinem Verbündeten den Rücken. Er dankte Uribe telefonisch für dessen "starke Führung" im Kampf gegen die linksgerichteten Rebellen.

Ecuadors Präsident Correa gab Kontakte zu den Farc zu, doch sollten diese den Geiseln dienen. Die Bemühungen um zwölf Entführte, unter ihnen die Franco-Kolumbianerin Ingrid Betancourt, seien weit fortgeschritten gewesen. Sie hätte im März freikommen können. "Alles ist durch die Kriegstreiber verdorben", wetterte Correa. Er schließe nicht aus, "dass Kolumbiens Überfall absichtlich geführt wurde, um diese Freilassung zu verhindern".

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte die Beteiligten auf, den Zwist friedlich beizulegen. Die Organisation Amerikanischer Staaten traf am Dienstag zu einer Sondersitzung in Washington zusammen. Brasilien, Argentinien und Chile verlangen eine Entschuldigung von Kolumbien.

© SZ vom 05.03.2008/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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