Krise in Großbritannien:May übersteht Misstrauensvotum

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Knapp zwei Drittel der konservativen Abgeordneten in London sprechen sich für ihre Partei- und Regierungschefin aus. Das Ringen um den Brexit-Kurs aber geht weiter.

Von Björn Finke, London

Die britische Premierministerin Theresa May hat die Misstrauensabstimmung ihrer konservativen Fraktion überstanden. Am Mittwochabend votierten 200 von 317 Abgeordneten der Regierungspartei für die Parteichefin. Die Abstimmung war nötig, weil Kritiker von Mays Brexit-Kurs innerhalb der Fraktion der Premierministerin ihr Misstrauen ausgesprochen hatten. Nach den Regeln der Partei ist May nach diesem Sieg ein Jahr lang vor solchen Vertrauensfragen in der Fraktion gefeit. Allerdings zeigt das Ergebnis auch, wie schwer es May fallen wird, eine Mehrheit im Parlament für das umstrittene Brexit-Abkommen zu finden: Immerhin stimmten mehr als ein Drittel der konservativen Parlamentarier gegen sie.

An diesem Donnerstag reist May zum EU-Gipfel nach Brüssel, um Änderungen bei dem Austrittsvertrag zu fordern. London und Brüssel einigten sich im November nach zähen Verhandlungen auf das Abkommen, das die Bedingungen der Scheidung regelt. Dem Vertrag muss das Parlament noch zustimmen, doch zahlreiche Abgeordnete von Mays Partei verweigern die Gefolgschaft. Sie klagen, die Regierungschefin habe zu viele Zugeständnisse gemacht. Das Parlament sollte am Dienstag über das Abkommen befinden, aber May verschob dies, weil sie eine deutliche Niederlage befürchtete. Die Abstimmung soll jetzt bis 21. Januar stattfinden. Würden die Briten ohne Vertrag austreten, würden sofort Zölle und Zollkontrollen eingeführt. Die vereinbarte Übergangsphase, in der sich fast nichts ändern soll, fiele weg.

May versprach vor der Abstimmung in der Fraktion, vor den Parlamentswahlen im Jahr 2022 abzutreten. Damit wollte sie Kritikern entgegenkommen. Jacob Rees-Mogg, Brexit-Vorkämpfer und Anführer der Revolte, sagte, 117 Gegenstimmen seien ein "fürchterliches Ergebnis" für May. Sie solle freiwillig zurücktreten. Die Fraktion muss über den Parteivorsitzenden und Regierungschef abstimmen, wenn 15 Prozent der Mitglieder - das entspricht 48 Parlamentariern - in einem Brief ihr Misstrauen verkünden. Unterliegt der Amtsinhaber, kürt die Fraktion zwei Kandidaten für die Nachfolge, über die dann die Parteibasis abstimmt. Rees-Mogg versuchte bereits, so eine Abstimmung zu erzwingen, als May den Austrittsvertrag im November vorstellte. Im ersten Anlauf kamen nicht genügend Briefe zusammen, doch am Mittwoch teilte der zuständige Ausschussvorsitzende mit, dass die Schwelle überschritten sei. Offenbar hat May viele weitere Parlamentarier verärgert, als sie die Abstimmung über den Brexit-Vertrag verschob.

Gegnern des Abkommens missfällt vor allem der sogenannte Backstop, eine Auffanglösung, die sicherstellen soll, dass niemals Zollkontrollen an der Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland eingeführt werden müssen. May hofft, dass die EU die Backstop-Regelung entschärft. Danach will sie den geänderten Vertrag dem Parlament vorlegen. Vertreter der EU und Regierungschefs der Mitgliedstaaten machten aber bereits deutlich, dass das Abkommen nicht mehr aufgeschnürt wird. Brüssel will höchstens Klarstellungen und Interpretationshilfen formulieren.

© SZ vom 13.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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