Kriegsverbrechen:Ein Netz mit vielen Spinnen

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In Düsseldorf hat die Polizei einen mutmaßlichen Kriegsverbrecher aus Syrien gefasst. Der Mann soll für eine Terrormiliz Politiker ermordet haben. Und es gibt Verbindungslinien zu einem anderen brisanten Fall.

Von Hans Leyendecker, Düsseldorf

Ein mutmaßlicher Kriegsverbrecher aus Syrien ist am Mittwochabend in Düsseldorf festgenommen worden. Der 35-jährige Mann soll der Terrormiliz Al-Nusra-Front angehört und im März 2013 ein sogenanntes Scharia-Urteil vollstreckt haben. Zusammen mit weiteren Mitgliedern seiner Kampfeinheit soll er 36 Mitarbeiter der syrischen Regierung getötet haben. Ihm werden Kriegsverbrechen und Mord zur Last gelegt. Das Verfahren war im vergangenen Jahr von der Bundesanwaltschaft eingeleitet worden. Er lebte als Asylbewerber im Rheinland.

Ein Bekannter des Mannes, ein 26 Jahre alter Syrer, wurde am Donnerstagmorgen in Gießen festgenommen. Auch er soll der Al-Nusra-Front angehört haben. Kriegsverbrechen werden ihm - bislang zumindest - nicht vorgeworfen. Das Verfahren gegen den Mann ist Anfang dieses Jahres eingeleitet worden. Auch er ist ein Asylbewerber.

Kriegsverbrechen im Irak und in Syrien durch den IS, al-Nusra oder andere Terror-Milizen beschäftigen schon eine Weile Bundesanwaltschaft und das Bundeskriminalamt. Es sind bislang mehr als zwei Dutzend Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Die Festnahmen in Düsseldorf und in Gießen stehen allerdings nicht in Zusammenhang mit jener Strafanzeige, die in diesen Tagen von sieben Folterüberlebenden aus Syrien und von einer Menschenrechtsorganisation bei der Bundesanwaltschaft eingereicht worden ist. Die Süddeutsche Zeitung hatte am Donnerstag über die Strafanzeige berichtet.

Aus Sicht der Ermittler gibt es aber Verbindungslinien zwischen den beiden jüngsten Festnahmen und anderen Fällen. So sollen der 35-Jährige und der 26-Jährige vor vier Jahren jener Einheit angehört haben, in der auch ein Abd Arahman al-K. gekämpft haben soll. Al-K. baute früher angeblich Sprengstoffgürtel für die Al-Nusra-Front. Er kam im Oktober 2014 nach Deutschland und lebte einige Zeit in der Nähe von Heidelberg. Al- K. wurde im vergangenen Frühsommer festgenommen, weil er angeblich zu einer Terrorzelle gehörte, die in der Düsseldorfer Altstadt einen Anschlag mit insgesamt zehn Attentätern geplant haben soll.

Zwei von ihnen wollten sich angeblich in die Luft sprengen, andere sollten angeblich auf Passanten schießen. Ob das ein echter Plan oder eine Erfindung war, ist auch heute noch nicht geklärt. Ein Saleh A., der auch bei dieser Nusra-Einheit gewesen sein soll, hatte sich französischen Ermittlern gestellt und behauptet, er sei der Kopf jener Zelle, die in Düsseldorf die Anschläge geplant habe.

"Wenn wir kämpfen, dann müssen wir wissen, ob wir als Märtyrer sterben oder nicht."

Ob er die Wahrheit sagte, steht nicht fest. Mit dieser Zelle wiederum sollen die beiden jetzt festgenommenen Männer zwar nichts zu tun gehabt haben. Man kannte sich allerdings von der Nusra-Front. Erkenntnisse aus dem Zellen-Verfahren sind in die Ermittlungen gegen die beiden Männer eingeflossen.

Das Ganze ist offenbar ein Netz mit vielen Spinnen. "Wenn wir kämpfen, dann müssen wir wissen, ob wir als Märtyrer sterben oder nicht", schrieb al-K. Anfang 2016 in einem Facebook- Chat. Fünf Monate später wurde er festgenommen. Er sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Die Nusra-Kampfgruppe, der Saleh A., al-K. sowie die beiden jetzt Festgenommenen angehörten, soll im Jahr 2015 aufgelöst worden sein.

© SZ vom 03.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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