Krieg im Kaukasus:Medwedjew: Der "Aggressor" ist bestraft

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Russland kündigt ein Ende des Georgien-Kriegs an: Präsident Medwedjew verspricht den Truppenrückzug und akzeptiert Verhandlungen über die Zukunft der abtrünnigen Provinzen.

Sonja Zekri, Tiflis

Der russische Präsident Dmitrij Medwedjew hat ein Ende der Offensive in Georgien verkündet. Gleichzeitig versprach er einen Rückzug der russischen Truppen auf die Stellungen, die diese vor dem Krieg eingenommen hätten. Georgien meldete jedoch weitere russische Luftangriffe. Über die Zukunft der abtrünnigen Provinzen soll verhandelt werden. Die amerikanische Regierung nahm Moskaus Ankündigung skeptisch auf.

Sarkozy und Medwedjew am Nachmittag in Moskau (Foto: Foto: dpa)

Russlands Präsident und sein französischer Kollege Nicolas Sarkozy präsentierten einen Sechs-Punkte- Plan zur Befriedung des Südkaukasus. Sie riefen bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Moskau alle Parteien zum Gewaltverzicht auf.

Russland verpflichtet sich nach den Worten Medwedjews, seine Truppen hinter jene Grenzen zurückzuziehen, an denen sie vor Ausbruch des Krieges gestanden hatten. Auch Georgien müsse seine Armee in die Kasernen zurückführen. Der Plan sieht Verhandlungen über die Zukunft der von Georgien abtrünnigen Regionen vor.

"Ich habe mich entschieden, die Operation zu beenden, mit der wir Georgien zum Frieden gezwungen haben", sagte Medwedjew außerdem. "Das Ziel ist erreicht." Der "Aggressor" sei bestraft worden. Die georgische Regierung erklärte hingegen am Nachmittag, die russische Armee habe weiterhin 12.000 Soldaten in Georgien, viele davon außerhalb der umkämpften Regionen Abchasien und Südossetien. Sie habe den georgischen Schwarzmeerhafen von Poti zerstört und die Stadtmitte von Gori bombardiert. Russland verschleppe Georgier aus Südossetien in Lager oder erschieße sie.

Die georgischen Truppen haben sich inzwischen aus Senaki im Westen des Landes und aus Gori zurückgezogen. Auf einer Kundgebung in Tiflis verurteilte Georgiens Präsident Michail Saakaschwili vor Zehntausenden das russische Vorgehen und kündigte den Austritt Georgiens aus der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) an.

"Wir verabschieden uns endgültig von der Sowjetunion", sagte Saakaschwili. Er rief die Ukraine und andere Staaten auf, Georgien zu folgen und die Organisation zu verlassen, die "Russland ohne Absprache mit anderen beherrscht". Die GUS war nach dem Zerfall der Sowjetunion gegründet worden.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow forderte am Dienstag in Moskau den Rücktritt Saakaschwilis. Georgiens Präsident komme als Verhandlungspartner nicht länger in Frage. Vorher hatte der Kreml noch versichert, er strebe keinen Regierungswechsel in Georgien an.

Die Nato hingegen stellte sich hinter Saakaschwili. Russland, Georgien und alle anderen Parteien müssten zum Status quo zurückkehren, also zur Situation vor dem 6. August, als die Kämpfe begannen, sagte Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer in Brüssel. Georgiens Integrität müsse respektiert werden, die Zusage der Allianz, Georgien in die Nato aufzunehmen, gelte weiter. Georgien beschuldigt Russland, die Südosseten aufgestachelt zu haben, weil es eine Nato-Mitgliedschaft Georgiens verhindern wolle.

Auch der amerikanische Präsident George W. Bush warnte Russland davor, weiter auf georgisches Kernland vorzudringen. Sollten sich Hinweise bestätigen, dass Russland Angriffe auf den Zivilflughafen in Tiflis plane, wäre dies eine "dramatische und brutale Eskalation".

Nach UN-Angaben sind 100.000 Menschen vor dem Krieg geflohen. 56.000 haben nach UN-Angaben allein Gori verlassen. 30.000 Osseten flüchteten nach Russland. Ein erstes Flugzeug des Flüchtlingshilfswerkes UNHCR landete am Dienstag in Tiflis.

© SZ vom 13.08.2008/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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