Krakatau:Wie der Sohn, so der Vater

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Der alte Vulkan sprengte sich im Jahr 1883 quasi selbst in die Luft. Doch aus seinen Resten erwuchs ein neuer.

Von Arne Perras

Anak Krakatau ist ein explosiver Kraftprotz mit einem berühmten Ahnen. "Anak" heißt auf Indonesisch "Kind", der Jüngling ist aus dem Krater eines älteren Vulkans in der Meerenge zwischen Sumatra und Java gewachsen.

"Krakatau Senior" war im Sommer 1883 zum Inbegriff des Schreckens geworden, als er sich in einer gigantischen, sogenannten "phreatomagmatischen Explosion" selbst zerstörte. Dabei stoßen Magma und Glutwolken, auch pyroklastische Ströme genannt, auf Ozeanwasser und setzen gewaltige Energien frei. Asche stieg bis in Höhen von 80 Kilometer auf. Die klimatischen Auswirkungen waren noch lange zu spüren. Die Temperaturen in den folgenden Jahren sanken weltweit um mehr als ein halbes Grad.

Das deutsche Schiff Berbice , das damals mit einer Ladung Paraffin nach New York unterwegs war, näherte sich der Meerenge gerade von Westen, als der schottische Kapitän William Logan die Türme schwarzer Aschewolken und leuchtende Blitze am Himmel in der Ferne sah. Es war Sonntagnachmittag, wenige Stunden, bevor die großen Explosionen die Insel zerrissen. Anfangs dachte Logan, dass es sich vielleicht nur um einen der tropischen Stürme in der Gegend handele. Doch bald hagelten glühende Gesteinsbrocken auf das Holzdeck seines Schiffes, was angesichts der leicht entflammbaren Ladung für Panik sorgte. Wie durch ein Wunder kam die Berbice noch davon, sie überstand die Katastrophe, die am kommenden Morgen ihren Höhepunkt erreichen sollte.

Der Kapitän schrieb ins Logbuch, der Tag des Jüngsten Gerichts sei gekommen

Mehrere Explosionen donnerten über das Meer, die stärkste und letzte um 10.02 Uhr am Montag, den 27. August 1883. "Eine Detonation, die noch Tausende Meilen entfernt zu hören war und die bis heute als die größte Explosion gilt, die der Mensch der Moderne je registriert hat." So hat es Simon Winchester beschrieben, der Autor des Buches "Krakatoa". Minutiös setzte er die historischen Aufzeichnungen über das Drama am Krakatau zusammen.

Der halben Crew der Norham Castle platzten damals die Trommelfelle, obwohl das Schiff mehr als 60 Kilometer von der Explosion entfernt war. Kapitän Sampson schrieb in sein Logbuch: "Ich bin überzeugt, dass der Tag des Jüngsten Gerichts gekommen ist." Was folgte, waren gigantische Tsunamis, die die Küsten Javas und Sumatras verwüsteten. Die holländischen Kolonialbeamten taten sich schwer, sich einen Überblick zu verschaffen, sie registrierten schließlich 36 417 Tote. Man vermutet, dass die tatsächliche Zahl der Opfer noch weitaus höher gelegen haben könnte, obwohl die Bevölkerung vor 135 Jahren viel geringer war als heute.

Die Explosion des Krakatau ging als zweitgrößter Vulkanausbruch der Neuzeit in die Geschichte ein, nur die Eruption des Tambora auf der indonesischen Insel Sumbawa war 1815 noch gewaltiger gewesen. Vom Krakatau blieb jedenfalls nicht mehr viel übrig, die Explosion war mindestens zehntausend Mal so stark wie die Bombe von Hiroshima. Doch dann machten javanische Fischer einige Jahrzehnte später eine erstaunliche Entdeckung. Aus dem alten Krater schob sich ein neuer Vulkan nach oben. Der russische Geophysiker Vladimir Petroeschevsky taufte ihn "Anak Krakatau". Vulkanischer Nachwuchs gewissermaßen.

© SZ vom 27.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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