Korruptionsprozess gegen Bo Xilai:"Nicht einmal der dümmste Beamte würde das tun"

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Bo Xilai am dritten Prozesstag im Gericht. (Foto: Reuters)

Auch am dritten Prozesstag weist der einstige Politiker Bo Xilai die meisten Korruptionsvorwürfe von sich, gesteht aber seine Schuld an einer teilweisen Veruntreuung von Staatsgeldern ein. In der chinesischen Bevölkerung entwickeln sich immer mehr Sympathien für den gefallenen Star der Kommunistischen Partei.

Der Fall gilt als größter Skandal der jüngeren Geschichte der Kommunistischen Partei Chinas. Am dritten Tag seines Prozesses hat sich der ehemalige chinesische Politstar Bo Xilai erneut gegen die Vorwürfe der Korruption verteidigt. Nicht einmal der dümmste Beamte würde über Korruption am Telefon reden, sagte Bo am Samstag im Gericht im ostchinesischen Jinan. Er bezog sich auf die Vorwürfe eines Zeugen. Dieser hatte ausgesagt, Bo habe in Anwesenheit des Zeugen seine Frau Gu Kailai angerufen, um sie anzuweisen, Geld von einem staatlichen Bauprojekt anzunehmen.

"Dies würde nicht einmal der dümmste Empfänger von Bestechungsgeld tun", sagte Bo laut dem Protokoll, welches das Gericht im Internet veröffentlichte. Ausländische Journalisten sind zu dem Verfahren nicht zugelassen. Die Vorwürfe bezogen sich auf seine Zeit als Bürgermeister der Hafenstadt Dalian in den 1990er Jahren. Bo sagte, es sei bekannt, dass er seine Gesprächspartner stets anweise, ihre Handys auszuschalten. "Ich bin ziemlich vorsichtig", sagte der 64-Jährige.

Vor Gericht hatte er aber eine teilweise Verantwortung für veruntreute Staatsgelder in Höhe von etwa 610.000 Euro eingeräumt. Er habe das Gefühl, "etwas Verantwortung" dafür übernehmen zu müssen, dass öffentliche Gelder auf dem Konto seiner Frau gelandet seien und er es versäumt habe, nachzuforschen, sagte Bo.

Der Prozess gegen das frühere Politbüromitglied, dem Korruption, Veruntreuung und Amtsmissbrauch vorgeworfen werden, fesselt die chinesische Öffentlichkeit. Das Verfahren war durch den Mord an dem britischen Geschäftsmann Neil Heywood ins Rollen gekommen. Der Freund der Familie Bo war 2011 vergiftet in einem Hotelzimmer der Metropole Chongqing, wo Bo KP-Vorsitzender war, aufgefunden worden. Wegen des Mordes wurde Bos Frau Gu zu lebenslanger Haft verurteilt. Bo soll insgesamt 21 Millionen Yuan, umgerechnet 2,5 Millionen Euro, Bestechungsgeld angenommen zu haben. Als Kronzeuge traten an den drei Prozesstagen mehrere Geschäftsleute auf, darunter der Milliardär Xu Ming, der im Zuge des Skandals im April 2012 selbst festgenommen worden war.

Kritik an der Anklage

In dem Prozess zeigte sich Bo überraschend wehrhaft. Nicht nur wies er die Vorwürfe vehement zurück, sondern er griff auch mehrere Zeugen scharf an. Seine Frau, die ihn am Freitag in einer vorab aufgezeichneten Videoaufnahme belastete, beschrieb er als "verrückt".

Mehrere Rechtswissenschaftler kritisieren die Anklage. So schrieb der Juraprofessor Donald Clarke von der US-amerikanischen George Washington Universtität in einem Blog: "Fast nichts weist auf ein Geben und Nehmen von Bo für Gefälligkeiten hin." Auch unter den Millionen Chinesen, die den Prozess über die Gesprächsprotokolle im Internet verfolgen, regt sich zunehmen Widerstand gegen die Staatsanwaltschaft. "Der Richter ist klasse, aber die Anklage sind Tölpel", schrieb ein Nutzer als Kommentar zu den Protokollen im twitteränlichen Kurzmitteilungsdienst Weibo.

Am Freitag wurde überraschend bekannt gegeben, dass der eigentlich für zwei Tage angesetzte Prozess am Samstag fortgeführt werden solle. Es gilt dennoch als sicher, dass Bo zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt wird. Staatsmedien erwarten ein Urteil im September.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/jst - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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