Korea:Alle außer Tokio

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Bei den Gipfelplänen zu Nordkorea sieht sich Japan im Abseits. Chinas Staatschef Xi Jinping schlug am Dienstag einen Vierergipfel Chinas mit den USA und den beiden Koreas vor. Japan beobachtet die Entwicklung argwöhnisch.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Nordkorea verschwendet keine Zeit. Während die Vorbereitungen für den innerkoreanischen Gipfel am 27. April laufen, reist Pjöngjangs Außenminister Ri Yong-ho nach einem Treffen mit seinen chinesischen Amtskollegen Wang Yi am Dienstag in Peking nach Baku und Moskau weiter, wo er Russlands Präsidenten Wladimir Putin einen Gipfel mit Kim Jong-un vorschlagen dürfte. Nach seinen Gesprächen mit Ri lobte Wang Nordkoreas "jüngste Zusage, atomar abzurüsten". China begrüße die Entspannung auf der koreanischen Halbinsel. Ri sicherte China zu, Nordkorea bleibe "in engem strategischem Kontakt" mit Peking.

Xi Jinping schlägt einen Vierergipfel Chinas mit den USA und den beiden Koreas vor

Die nächste Runde der Vorbereitung für den innerkoreanischen Gipfel, die für Mittwoch geplant war, aber auf Donnerstag verschoben wurde, wird das Protokoll für das Treffen Kims mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in im Waffenstillstandsdorf Panmunjom festlegen. Die Verschiebung habe nichts zu bedeuten, versicherte das Vereinigungsministerium in Seoul der Presse. Pjöngjang hat dem Süden angeboten, eine zusätzliche Vorbereitungsrunde auf Samstag zu legen. Japanischen Medienberichten zufolge soll der chinesische Präsident Xi Jinping demnächst Pjöngjang besuchen. US-Präsident Trump hat über Ostern in einem Tweet das geplante Treffen mit Kim erneut bestätigt.

Wie am Dienstag außerdem bekannt wurde, hat Kim Jong-un Südkoreas Pop-Musiker, die in Pjöngjang ein Konzert gaben, mit dem Wunsch überrascht, einen bestimmten südkoreanischen Pop-Song zu spielen, der im Norden populär sei. Die Sängerin Choi Jin-hee sagte hinterher, sie habe das Lied zuvor nie gesungen. Kim habe sich anschließend persönlich bei ihr bedankt. Er habe angeregt, für Herbst sollten weitere solche innerkoreanische Konzerte geplant werden.

Einer Gruppe Reportern aus Südkorea war der Zutritt zum Konzert in Pjöngjang verwehrt worden. Anschließend jedoch tauchte Kim Yong-chol, Nordkoreas Ex-Geheimdienstchef und eine der Top-Figuren des Regimes, in deren Hotel auf und entschuldigte sich bei den staunenden Journalisten. Er soll gesagt haben, es sei falsch, ihre Tätigkeit zu behindern und ihnen Foto-Verbote aufzuerlegen.

Wie die emsigen diplomatischen Aktivitäten deuten auch solch scheinbare Kleinigkeiten darauf hin, Kim probiere eine zaghafte Öffnung. Als versuche er, sein Land in die internationale Gemeinschaft zurückzuführen. Dabei ziele er, so die liberale südkoreanische Zeitung Hankyoreh, auf Äquidistanz zwischen den Gesprächspartnern. Womöglich schwebe ihm ein Format vor, an dem China und die USA sich beteiligten. Als nehme er das vorweg, schlug Xi Jinping einen Vierergipfel Chinas mit den USA und den beiden Koreas vor.

Japan beobachtet die Entwicklung argwöhnisch. Zwar sagt nun auch Premier Shinzo Abe, er wolle Kim zu einem Gipfel treffen. Aber der Japaner hat Trumps einstige Kriegsrhetorik zu seiner eigenen gemacht und die Lautstärke sogar erhöht. Als Trump Kims Einladung annahm, überrumpelte er Abe damit. Überdies galt Tokio bei den Nordkoreagesprächen von sechs Nationen im vorigen Jahrzehnt als Bremser. In Tokio kursiert deshalb die Vermutung, Xi verfolge mit seinem Vorschlag eines Vierergipfels auch den Zweck, Japan im Abseits zu halten.

© SZ vom 04.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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