Kommentar:Mehr Helfer für den Irak

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Mit dem glimpflichen Ende der Geiselnahme von Susanne Osthoff ist das Thema Irak für Deutschland nicht erledigt. Im Gegenteil sollte die Episode Anlass sein, über die Berliner Irak-Politik gründlich nachzudenken - und sie zu ändern.

Stefan Kornelius

Seit der amerikanischen Invasion sind nun zweieinhalb Jahre vergangen, wohl zehntausende Menschen wurden Opfer von Gewalt und Verbrechen, zweitausend amerikanische Soldaten ließen ihr Leben, das geopolitische Schlüsselland der arabischen Welt bewegt sich nur unter großen Mühen hin zu mehr Stabilität und sogar hin zu ein wenig Demokratie.

In dieser Phase ist es nicht mehr genug, den Irak auf der politischen Landkarte einzurahmen und mit dicken Buchstaben USA draufzuschreiben. Sicher: Die Kriegsgeschichte ist hinlänglich bekannt, ebenso die unheilvolle Rolle des amerikanischen Präsidenten für Freund und Feind. Damit aber lässt es sich jetzt nicht mehr bewenden.

Vor einer Woche hat eine mutige Mehrheit von Irakern für ein neues Parlament und eine neue Regierung gestimmt. Noch hält das ethnische Geflecht, der Zerfall des Landes entlang seiner religiösen Sollbruchstellen ist aufgehalten. Dies ist der richtige Zeitpunkt, über eine neue Irak-Politik der internationalen Gemeinschaft unter Führung der Vereinten Nationen und auch unter deutscher Beteiligung zu entscheiden.

Keine positive Dynamik für den Irak

Zeitgleich mit der Freilassung von Susanne Osthoff hat sich George Bush in einer dritten Irak-Botschaft an seine Landsleute und auch an die Welt gewandt, des Inhalts, dass er die Kritik an der Besatzung wohl verstehe, dass aber noch mehr Unheil drohe, wenn die Truppen nun abzögen.

Dieser Analyse kann kein vernünftiger Mensch widersprechen - genauso wenig aber der Erkenntnis, dass unter der amerikanischen Besatzung keine grundsätzlich positive Dynamik für den Irak entstehen will. Amerikas Präsenz lähmt, sie zementiert das Patt zwischen den Kräften des Terrors und des Aufbruchs. Die Instabilität im Irak wird durch die sich immer wiederholenden Anschläge und Entführungen zu einer Art Naturgesetz - allen Wahlen zum Trotz.

Der Wahltermin und die sich nun anschließende Regierungsbildung könnten aber eine Wende einleiten hin zu einer Internationalisierung des Konflikts, sprich: hin zu mehr UN. Ein besserer Zeitpunkt zeichnet sich nicht ab.

Nach der Interimswahl, der Verfassungsabstimmung und der Parlamentswahl sind die innerirakischen Stabilisatoren verbraucht. Nun wartet das Land auf den Abzug der amerikanischen Truppen - und selbst der amerikanische Präsident wartet auf eine Gelegenheit, Luft zu schöpfen. Gleichwohl würde der Irak schnell implodieren, wenn ihm die Unterstützung von außen verweigert wird.

Die Annäherung der internationalen Gemeinschaft und der leiderprobten UN an den Irak ist ein mühsames Geschäft, das viel Zeit brauchen wird. Jetzt wäre ein guter Moment, damit zu beginnen.

© SZ vom 20.12.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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