Kommentar:Im Terror gefangen

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Wenn es die Hoffnung gegeben haben sollte, dass sich die Anti-Kriegs-Haltung Deutschlands auszahlen werde, ist spätestens jetzt das Gegenteil bewiesen: Die Entführung der Archäologin Susanne Osthoff im Irak offenbart, dass auch Gegner des Irak-Krieges nicht verschont bleiben.

Peter Münch

Der Irak-Krieg ist ein Krieg der USA. Die Washingtoner Strategen haben die Pläne entworfen, die US-Armee hat ihn begonnen und muss ihn nun immer weiter führen. Aus gutem Grund hat sich die Berliner Regierung 2003 abseits positioniert.

Im Irak entführt: Susanne Osthoff. (Foto: Foto:)

Nun aber, durch die Entführung der Archäologin und Helferin Susanne Osthoff, ist auch Deutschland unmittelbar in die Wirren des Zweistromlandes verwickelt worden. Wenn es die Hoffnung gegeben haben sollte, dass sich die Anti-Kriegs-Haltung auszahlen werde, dass also Deutsche verschont blieben, ist spätestens jetzt das Gegenteil bewiesen.

Dies gilt im Fall von Entführungen wohl ebenso wie für die globale Gefahr von Anschlägen. In der Auseinandersetzung mit dem islamistischen Terror gibt es auf Dauer keine Plätze im Windschatten.

Perfide Logik

Grund dafür ist die perfide Logik der Terroristen. Einerseits sind ihre Taten blindwütig - Opfer wird, wer zur falschen Zeit am falschen Ort ist.

Im Irak sind es Kinder, Polizisten, ausländische Helfer oder Journalisten, anderswo auf der Welt trifft es U-Bahn-Pendler oder Urlauber. Andererseits dient all das einem kühl kalkulierten Ziel: Der Irak, das unmittelbare Kampffeld, soll im Chaos versinken, und die westliche oder verwestlichte Welt insgesamt in Angst und Schrecken erbeben. Auch wenn in den am Krieg beteiligten Ländern die Gefahr derzeit etwas höher liegen mag: Ausnahmen sind nicht vorgesehen.

Wenn die Entführer Susanne Osthoffs von den Deutschen keinen Rückzug von Soldaten verlangen können, dann fordern sie eben den Abbruch der Zusammenarbeit mit der neuen irakischen Führung.

Warnung an Merkel

Zu hoffen ist, dass dahinter vielleicht doch nur der Wunsch nach hohem Lösegeld steckt, doch rechnen muss man mit dem Schlimmsten, auch damit, dass dies eine gezielte Warnung an Angela Merkels neue Regierung ist, den Irak zu meiden.

Natürlich hat Berlin nun zunächst die Pflicht, sich auf allen nur möglichen Wegen für die Freilassung der deutschen Geisel einzusetzen.

Das wird gewiss nicht erleichtert durch die deutsche Defensive im Irak, wo neben den am Krieg beteiligten Ländern auch die Franzosen über bessere Geheimdiensterkenntnisse und Kontakte verfügen dürften als Berlin.

Die deutsche Betroffenheit darf aber nicht zu einer verhärteten Ohne-mich-Haltung führen - weil sich politische Händel mit Terroristen nie auszahlen und weil die Geschlossenheit des Westens, so schwer dies mit der Regierung Bush auch ist, die einzig mögliche Antwort auf den islamistischen Terror ist.

Es liegt also im deutschen Interesse, bei der Stabilisierung des Irak zu helfen. Dabei verlangt niemand mehr die Entsendung deutscher Truppen.

Mit der Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte sowie humanitärer und wirtschaftlicher Hilfe jedoch kann und muss sich auch Deutschland beteiligen. Mit der fortschreitenden Destabilisierung des Landes und der Stärkung von al-Qaida bleibt der Irak-Krieg auf der Agenda der Weltpolitik.

© SZ vom 30.11.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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