Kommentar:Der Sehnsuchtsmann

Mit Friedrich Merz als Parteichef will die CDU zurück zu klaren Worten und konservativen Werten.

Von Joachim Käppner

Winston Churchill nannte seinen amerikanischen Freund Harry Hopkins einst "Lord Root of the Matter", Lord "Kern der Sache". Auf welthistorisch etwas bescheidenerer Ebene bezeichnet Niedersachsens CDU-Landeschef Bernd Althusmann nun Friedrich Merz als "Mann der klaren Worte". Und damit drückte er das Gefühl aus, das eine absolute Mehrheit bewog, den Sauerländer nun dorthin zu befördern, wo er richtig zu sein glaubt: in den CDU-Vorsitz.

Es gibt in der Partei nach dem Bundestagswahldesaster eine noch größere Sehnsucht als zuvor, zurückzufinden zu konservativen Werten und klaren Worten. Angela Merkel führte die Partei so weit in die Mitte, dass ihre Kritiker über eine Sozialdemokratisierung murrten. Wer konservativ dachte, hatte keine Alternative zur Union, die zugleich attraktiver wurde für Frauen, Jungwähler, Großstädter. Erst die AfD ließ die Rechnung nicht mehr aufgehen, und das Abschneiden der Merkel-light-Version Laschet ließ die Partei fühlen, dass der Merkelismus ohne Merkel keine Zukunft habe.

Vielleicht ist das sogar richtig. Vielleicht schlägt jetzt die Stunde der Konservativen. Verglichen mit Friedrich war Laschet der Prinz Karneval der CDU, nur musste leider die Session ausfallen. Merz ist der Mann des Aschermittwochs, wenn der Kater bekämpft und aufgeräumt wird. Was aber bedeutet ein moderner, demokratischer Konservatismus? Zurück zur Atomkraft, der Wehrpflicht, dem alten Familienbild? Unter Merz wird die CDU ihre ganz eigene Identitätsdebatte führen.

© SZ vom 26.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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