Kohls Chauffeur:Der getreue Eckhard

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46 Jahren lang hat er ihn fünf Millionen Kilometern chauffiert. Jetzt geht Eckhard "Ecki" Seeber, der Fahrer von Helmut Kohl, in den Ruhestand.

Hermann Unterstöger

Nie waren Brechts "Fragen eines lesenden Arbeiters" aktueller als heute, da Eckhard "Ecki" Seeber über die Bunte wissen lässt, dass er sich Ende September zur Ruhe zu setzen gedenkt. Bei Brecht heißt es zum Beispiel: "Cäsar schlug die Gallier. Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?" Auf Seeber übertragen würde man fragen müssen: "Helmut Kohl legte fünf Millionen Kilometer zurück. Er allein?" Mitnichten. Seeber war immer dabei, respektive umgekehrt: Kohl war immer dabei, denn Seeber war 46 Jahre sein Fahrer. Kohl hatte das Steuer nur in dem bekannt metaphorischen Sinn in der Hand.

46 Jahre war Eckhard Seeber der Chauffeur von Helmut Kohl.(Aufnahme von 1988) (Foto: Foto: ullstein Bild)

Seeber, 1938 in Orthoff in Thüringen geboren, chauffierte zunächst den Chef der Ludwigshafener Chemiefirma Giulini. Kohl war damals Referent des Chemieverbandes, und als er nach einem Arbeitsessen Seeber fragte, ob dieser einen Fahrer für ihn wisse, bot Ecki sich selber an. Der Wechsel kam zustande, bei einem Gehalt von zunächst 700 Mark. Von da an war Seeber nicht nur Kohls Fahrer, sondern wuchs auch, und das nicht nur der Namensgleichheit wegen, in die Rolle des getreuen Eckhard hinein.

Nie ohne Kölnisch Wasser unterwegs

Mit Nicht ohne Rührung nahm die Öffentlichkeit davon Kenntnis, dass Seeber und seine Gattin Hilde es waren, die an jenem 5. Juli 2001 Hannelore Kohl tot im Schlafzimmer auffanden, und ähnlich bewegend war im Dezember 2004 die Kunde, dass Seeber mit von der Partie war, als Kohl in Sri Lanka eine Ayurveda-Kur machte und ums Haar der Tsunami-Katastrophe zum Opfer gefallen wäre.

Als Seeber einmal der Bild seine vorläufigen Erinnerungen anvertraute, dominierten jedoch, wie nicht anders zu erwarten, die Auto-Anekdoten. An sich waren das Petitessen, aber da Seeber auf seine Art ein Zeitzeuge ist, zitterte dabei der Mantel der Geschichte doch ein ganz klein wenig. Seitdem weiß die Nation jedenfalls, dass Kohl gern englische Pfefferminzbonbons lutschte, dass er in der mittlerweile historischen Strickjacke jederzeit ein Nickerchen machen konnte, dass er unterwegs gern an der einen oder anderen Metzgerei halten ließ und dass immer eine Flasche 4711 im Handschuhfach liegen musste.

Was Kohl auf dem Feld der Geschichte bewegt hat, ist bekannt. Indessen wusste er auch den Alltag in zugreifender Art zu meistern. Einmal gerieten Ecki und er nachts auf einem unfertigen Autobahnteilstück in einen Bauhügel, und zwar so jäh, dass vorn nur noch der Stander aus dem Sandhaufen schaute. "Was machen wir jetzt?", fragte der Chauffeur und erhielt von seinem Boss die Antwort: "Anpacken!" Ein andermal knallten sie, bei tiefstehender Sonne, in eine Unfallstelle. Totalschaden. Mit Anpacken war da freilich nichts mehr zu machen. Stattdessen schenkte Kohl ihm danach einen heiligen Christophorus als Schlüsselanhänger.

© SZ vom 14.08.2008/pir - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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