Kofferbomben von Dortmund und Koblenz:Ermittler sehen Terrorverdacht erhärtet

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Die Behörden glauben, dass mit den gefundenen Kofferbomben ein terroristischer Anschlag verübt werden sollte. Die Sprengkraft wäre so groß gewesen, dass eine Explosion die Dimension des U-Bahn-Anschlags von London im Sommer 2005 erreicht hätte.

Annette Ramelsberger

Die Ermittlungen zu den Bombenfunden von Dortmund und Koblenz haben den Verdacht weiter erhärtet, dass es sich bei dem Vorfall um einen geplanten Terroranschlag gehandelt hat. Hochrangige Sicherheitsexperten sagten der Süddeutschen Zeitung , sie gingen mit ,,großer Wahrscheinlichkeit'' davon aus, dass mit den gefundenen Kofferbomben ein terroristischer Anschlag verübt werden sollte.

Erste Auswertungen der Videoaufnahmen an den Bahnsteigen hätten außerdem Hinweise auf einen Mann ergeben, der zumindest einen der Koffer abgelegt haben soll. Die Polizei habe diesen Mann identifiziert, aber bislang noch keine Erkenntnisse über dessen Hintergrund und Aktivitäten. Der Mann soll sich auf freiem Fuß befinden.

Zweiter Täter

Es gibt nach Auskunft aus Sicherheitskreisen zudem Hinweise, wonach ein zweiter Täter an den Vorbereitungen beteiligt gewesen sein könnte. Die beiden Koffer mit Gasflaschen und Zündmechanismus waren am 31. Juli in zwei Regionalzügen entdeckt worden, die während des Berufsverkehr in der Regel gut besetzt sind.

Die Untersuchungen durch Techniker des Bundeskriminalamts hätten ergeben, dass die beiden Bomben zur selben Zeit hätten gezündet werden sollen und auch zündfähig gewesen seien. ,,Ihre Sprengkraft wäre so groß gewesen, dass eine Explosion die Dimension des U-Bahn-Anschlags von London im Sommer 2005 erreicht hätte'', sagte ein hoher Sicherheitsverantwortlicher. Bei dem Londoner Anschlag auf drei U-Bahnen und einen Bus waren 52 Menschen getötet und 700 verletzt worden.

Keine Spur in den Libanon

Der Sicherheitsexperte sagte weiter: ,,Wir machen uns sehr ernste Gedanken über den Hintergrund des Anschlags. Wir sind besorgt.'' Die Tat steht diesen Informationen zufolge aber offenbar nicht in Verbindung mit dem Krieg im Libanon. Die deutschen Fahnder hatten in einem der Koffer eine Tüte mit einem Aufdruck in arabischen Schriftzeichen gefunden, die aus einem Geschäft in der libanesischen Hauptstadt Beirut stammt.

Offensichtlich sind aber viele solche Tüten in den vergangenen Monaten nach Deutschland importiert worden. Eine Spur in den Libanon lässt sich Ermittlern zufolge deshalb nicht ziehen.

Die Funde hatten in Deutschland zu einer Debatte über eine Ausweitung der Videoüberwachung an Bahnhöfen und in Zügen geführt. Mehrere Bundesländer kündigten inzwischen an, die Beobachtung ausdehnen zu wollen.

Das CDU-regierte Hamburg will Straßen und Plätze mit mehr Kameras versehen. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hatte Probleme mit dem Datenschutz bei der Überwachung von Zügen eingeräumt und vorgeschlagen, die Aufzeichnung auf das Ein- und Aussteigen sowie den Beginn der Fahrt zu beschränken. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar plädiert hingegen für mehr Sicherheitspersonal.

© SZ vom 18.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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