Koalitionsausschuss:Schwarzer Abend für die CSU

Lesezeit: 4 min

Die große Koalition hat einige Reformprojekte beschlossen, andere aufgeschoben. Nur die CSU konnte beim Kräftemessen zwischen CDU und SPD gar nicht mithalten. Eine Bilanz

Lisa Sonnabend

Zum ersten Mal nach einem halben Jahr hat sich der Koalitionsausschuss im Kanzleramt getroffen - die längste Pause seit Bestehen der großen Koalition. Es wurde diskutiert über Bahnprivatisierung, Mitarbeiterbeteiligung, Mindestlohn. Erbschaftssteuer und Pendlerpauschale. In manchen Bereichen konnten Einigungen erzielt werden, in anderen wird weiter eine Lösung gesucht.

Bahnprivatisierung: Weg frei gemacht

Ein jahrelanges Tauziehen hat ein Ende gefunden. Die Deutsche Bahn wird noch in diesem Jahr teilweise privatisiert. Damit öffnet sich der letzte große deutsche Staatskonzern für privates Kapital. Die Spitzen von Union und SPD haben sich darauf geeinigt, dass 24,9 Prozent der Anteile an private Investoren gehen sollen. Das Schienennetz und die Bahnhöfe bleiben beim Bund. Zu je einem Drittel sollen die Erlöse dem Bundeshaushalt zufließen, für die Modernisierung der Infrastruktur genutzt werden sowie für die Aufstockung des Eigenkapitals.

Auf das nun akzeptierte Modell hatte sich die SPD nach langen Auseinandersetzungen erst vor einer Woche einigen können. Damit war der Konlikt in der Koalition entschärft worden, die Einigung kam nun nicht mehr überraschend.

Nach den Worten von SPD-Chef Kurt Beck ist für seine Partei mit diesem Konzept "der Endpunkt der Privatisierung" erreicht. Dies sieht der Koalitionspartner allerdings anders. Die Union macht deutlich, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt eine Bahn-Privatisierung bis auf 49,9 Prozent anstrebt - in diesem Vorhaben wird sie von der Wirtschaft unterstützt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte vor dem Treffen erklärt, sie sehe im geplanten Verkauf von Bahn-Anteilen nur einen ersten Schritt der Privatisierung. Der Union war klar, dass bei der SPD hier kein Spielraum mehr möglich war. Sonst wäre die Bahnreform gescheitert.

So geht es weiter: Das Bundeskabinett wird bereits am Mittwoch die Eckpunkte beschließen. Die Fraktionen sollen dann am 6. Mai entscheiden.

Verlierer: Eigentlich gibt es bei der Bahnreform keine Verlierer, aber die Skepsis bei Teilen des linken Flügels der SPD sowie den SPD-Landesverbänden Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein ist groß. Die CSU ist mit ihrer Forderung nach einer gesetzlich festgelegten Mitsprache der Länder am künftigen Kurs der Bahn gescheitert.

Mitarbeiterbeteiligung: Einigung

Der Koalitionsausschuss beschloss zudem ein Konzept zur besseren Mitarbeiterbeteiligung in Unternehmen. Beschäftigte sollen für bis zu 360 Euro im Jahr steuerfrei Anteile an ihren Unternehmen erwerben können. Zugleich soll die Einführung spezieller Fonds unterstützt werden.

Auch diese Einigung kam nicht überraschend. Eine Arbeitsgruppe aus Union und SPD hatte diesen Kompromiss in der vergangenen Woche bereits präsentiert. SPD-Chef Beck sprach von einer überfälligen Regelung, um der einseitigen Vermögensbildung in Deutschland wenigstens etwas entgegenzusteuern. Auch die Union wird froh darüber sein, dass das Thema nun vom Tisch ist.

So geht es weiter: Das Gesetz soll noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden.

Verlierer: keine

Pendlerpauschale: CSU bleibt hart

Die CSU scheiterte im Koalitionsausschuss mit ihrem Vorstoß, die Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer so schnell wie möglich wieder einzuführen. SPD-Chef Beck sagte dazu, es bleibe bei dem, was die Koalition besprochen habe. "Wir warten das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ab."

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sagt dagegen am Dienstag: "Das Thema Pendlerpauschale bleibt auf der Tagesordnung." Und auch CSU-Chef Huber sagte, seine Partei bleibe bei diesem Thema "am Ball".

So geht es weiter: Die jetzige Regelung wird allerdings wohl beibehalten, solange das Bundesverfassungsgericht sie im Herbst nicht für verfassungswidrig erklärt.

Verlierer: CSU

Transrapid: Einigung

Beim Thema Transrapid verständigte sich die Runde darauf, dass Bayern 52 Millionen Euro vom Bund erhält - als Ausgleich für Planungskosten.

Auch hier konnte sich die CSU mit ihrer Forderung nach einer höheren Ausgleichszahlung aus Berlin nicht durchsetzen. Der Bund hatte ursprünglich zugesagt, sich mit bis zu 925 Millionen Euro an dem Projekt zu beteiligen. Nach dem Aus für die Magnetschwebebahn hatte die CSU gefordert, die Summe müsse nun in andere Technologieprojekte in Bayern fließen.

Verlierer: CSU

Reform der Erbschaftssteuer: Differenzen bleiben

Schon lange streitet die Koalition über die Reform der Erbschaftssteuer. Eine Lösung ist nicht in Sicht. Experten von Union und SPD haben sich zwar weitgehend über Korrekturen am bisherigen Gesetzentwurf der Regierung geeinigt. Noch strittig ist aber die Ausgestaltung der geplanten Steuerbefreiung von Firmenerben, viele Detailfragen bleiben offen.

Am Montagabend gab es hier keinen Durchbruch. SPD-Chef Beck sagte, man habe den Sachverhalt miteinander besprochen. Wenn es hier unterschiedliche Positionen gebe, dann in der Union. Die CSU möchte kürzere Haltefristen für die Erben von Familienbetrieben erreichen. Landesgruppenchef Ramsauer hatte sich sogar für ein Aus der umstrittenen Steuer ausgesprochen. Wenn der Bundestag die Reform in diesem Jahr nicht mehr verabschiedet, würde die Erbschaftssteuer laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe komplett entfallen. Die Steuer kommt alleine den Ländern zugute.

So geht es weiter: Noch vor der Sommerpause solle der Bundestag das Gesetz verabschieden. Das Ja des Bundesrats werde ebenfalls noch vor dem Sommer angestrebt.

Verlierer: die große Koalition, das Reformprojekt wurde vertagt

Mindestlohn: vertagt

Auch die Streitfrage Mindestlohn bliebt ungelöst. Beim Post-Mindestlohn hatten sich Union und SPD heftig gestritten. Die SPD fordert einen Mindestlohn für weitere Branchen.

So geht es weiter: Die Koalition sei "im Fahrplan", sagte SPD-Chef Beck. Man wolle noch im ersten Halbjahr Ergebnisse vorlegen.

Verlierer: keiner, immerhin wurde ein Datum festgesetzt

Managergehälter: ebenso ungelöst

Das Thema Managergehälter hat die SPD kurz vor dem Koalitionsausschuss noch einmal hochgebracht und präsentierte Pläne für eine Begrenzung von Managergehältern und Abfindungen. Die Union dagegen will keine staatlichen Regulierungen.

Im Koalitionsausschuss wurde hier über Verfahrensfragen, nicht aber über inhaltliche Probleme gesprochen. SPD-Chef Beck kündigte an, bei der nächsten Sitzung wolle er das Thema Managergehälter auf die Tagesordnung bringen.

Der stellvertretende CSU-Chef Horst Seehofer sagte am Dienstag, er wolle die SPD-Vorschläge zur steuerlichen Begrenzung von Managergehältern prüfen.

Verlierer: die große Koalition, da die Entscheidung vertagt wurde

Gesundheitsfonds: CSU stellt sich quer

Über den Gesundheitsfonds streitet die große Koalition seit langem: Die CSU fürchtet zu hohe Kosten für Krankenkassen, Ärzte und Versicherte. Deswegen will sie eine Begrenzung der Belastungen - sonst, so droht sie, wolle sie dem Gesundheitsfonds nicht zustimmen.

Trotzdem bleibt der Gesundheitsfonds Ziel der Regierungskoalition. "Der kommt, das Gesetz gilt", sagte SPD-Fraktionschef Peter Struck am Dienstag. CSU-Chef Huber äußerte sich dagegen: "Er kommt dann, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind."

Bei der Sitzung am Montagabend sei vereinbart worden, dass das Bundesversicherungsamt noch im Mai weitere Zahlen nenne, und dann werde weiter beraten, so Huber. Außerdem sei die Konvergenzklausel noch einmal bestätigt worden. Die von Bayern durchgesetzte Klausel soll sicherstellen, dass Länder mit eher reichen Krankenkassen nicht mehr als 100 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr an ärmere Bundesländer zahlen müssen.

Verlierer: noch unklar

© sueddeutsche.de/sonn/AP/ddp-bay/dpa/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: