Koalition:Streit über Informationspanne

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Reibungslose Kommunikation geht anders: Die Parteispitze der Grünen hat per SMS von Verlegung des Nationalfeiertags erfahren.

Von Philip Grassmann und Ulrich Schäfer

SPD und Grüne haben trotz offizieller Beschwichtigungsversuche auch am Montag darüber gestritten, wer dafür verantwortlich ist, dass die Regierung die geplante Verlegung des Nationalfeiertags zurückziehen musste. Grünen-Chefin Claudia Roth sagte, es sei ein politischer Fehler gewesen, den kleinen Koalitionspartner über die Entscheidung nicht zu informieren.

Erst als der Beschluss gefallen sei, sei die Parteispitze per SMS unterrichtet worden - und zwar während eines Besuchs in Istanbul. Im Finanzministerium wurde diese Darstellung bestritten. So seien die Grünen über ihre Haushaltspolitikerin Anja Hajduk frühzeitig in die Beratungen über das Sparpaket eingebunden gewesen; Hajduk wies dies zurück.

Eichel habe, so hieß es im Umfeld des Ministers, zudem Grünen-Chef Reinhard Bütikofer rechtzeitig informiert; es sei Sache der Grünen, "die parteiinterne Kommunikation sicherzustellen". Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering sagte auf einer Präsidiumssitzung nach Teilnehmer-Angaben,die Finanzpolitiker der Grünen seien unterrichtet worden. Er äußerte sich zudem verwundert über das Verhalten des Koalitionspartners.

Grüne verwahren sich gegen Opportunismus-Vorwurf

Die Grünen verwahrten sich unterdessen gegen den Vorwurf des Bundeskanzlers, opportunistisch agiert zu haben. "Diesen Schuh ziehe ich mir definitiv nicht an", sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Schließlich habe es sich um den Nationalfeiertag gehandelt. Regierungschef Gerhard Schröder hatte erklärt, er sei mit seinem Vorstoß "am Opportunismus einer ganz großen Koalition" gescheitert.

Die Regierung war von ihrem Plan, den Nationalfeiertag auf den ersten Sonntag im Oktober zu verlegen, am Freitag abgerückt, nachdem die Grünen die Zustimmung verweigert hatten.

Regierungssprecher Bela Anda räumte ein, dass die Abstimmung innerhalb der Koalition nicht geklappt habe: "Natürlich war das keine Diskussion, die irgend jemanden zufrieden stellen kann." Die Debatte hätte "besser laufen können". Die kurzfristige Verstimmung des Kanzlers sei aber verflogen und sein Verhältnis zu den Grünen gefestigt.

Vorsichtige Töne von der SPD

Auch SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter bemühte sich, den Streit nicht anzufachen. Der Unmut der SPD über die Grünen sei Vergangenheit, sagte er nach einer Präsidiumssitzung. Breite Kritik gab es in dem Gremium nach Teilnehmerangaben an dem Verfahren.

So wurde bemängelt, dass das Präsidium von Schröder, Müntefering und Eichel nicht in die Entscheidung eingebunden worden sei, obwohl dazu in der vergangenen Woche ausreichend Gelegenheit bestanden habe. Gerügt wurde auch, dass dadurch eine Debatte über Arbeitszeitverlängerungen ausgelöst worden sei. Müntefering, so hieß es, habe die Abläufe selbstkritisch erläutert. Die Darstellung sei allseits akzeptiert worden.

Eichel will die Lücke im Etat von 500 Millionen Euro, die durch die geplatzte Verlegung des Feiertags entstanden ist, zunächst nicht durch einen neuen Sparvorschlag schließen. Stattdessen will er dem Haushaltsausschuss des Bundestags, der Donnerstag abschließend über den Entwurf für 2005 berät, eine "globale Minderausgabe" vorschlagen. Wie die pauschale Ausgabenkürzung erbracht wird, will Eichel erst später entscheiden. Die Grünen forderten Eichel auf, konkrete Vorschläge zu machen.

© SZ vom 9.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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