Kirchen:Napoleons Erbe

Die evangelische und katholische Kirche kassieren von den Bundesländern Millionen an Staatsleistungen. Im Durchschnitt zahlt jeder Steuerzahler 6,38 Euro an die Kirchen. Der Grund für die Zahlungen liegt über 200 Jahre in der Vergangenheit.

Von Matthias Drobinski

Napoleon Bonaparte ist schuld. Er eroberte Gebiete der deutschen Fürsten, die hielten sich zum Ausgleich bei der Kirche schadlos. 1803 erklärten sie die geistlichen Territorien für aufgelöst; zahlreiche Klöster wurden aufgehoben. Da die Bischöfe und Pfarrer aber auch nicht im Elend leben sollten, einigte man sich mit den Kirchen auf Ausgleichszahlungen. Ein kompliziertes System von Staatsleistungen entstand, es besteht noch heute. Dieses Jahr werden die Bundesländer außer Hamburg und Bremen fast 524 Millionen Euro Staatsleistungen an die Kirchen überweisen, fast 306,5 Millionen an die evangelische, gut 217,5 Millionen an die katholische. Im Bundesschnitt zahlt jeder Steuerzahler damit 6,38 Euro an die Kirchen.

Die Zahlen hat die Humanistische Union bei den Bundesländern abgefragt; sie setzt sich für ein Ende dieser Staatsleistungen ein. Tatsächlich verlangte schon die Weimarer Verfassung von 1919 die Ablösung dieser Leistungen, das gilt noch heute. Allerdings gehen die meisten Juristen davon aus, dass den Kirchen dann hohe Einmalzahlungen zustünden, die wollen die Länder nicht zahlen. Daran wird auch die Diskussion im Bundestag auf Antrag der Linken an diesem Donnerstag nichts ändern: Für die Humanistische Union mag es ums Grundsätzliche gehen, für die Länder geht es um einen kleinen Haushaltsposten, dessen Abschaffung großen Ärger verursachen dürfte.

© SZ vom 09.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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