Kfz-Steuer:Käufer müssten bekloppt sein

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Dass 100 Euro Steuernachlass zum Autokauf animieren, glaubt nicht mal die Bundesregierung. Sie gibt ihn dennoch. Nur um nicht als Trottel dazustehen.

Thorsten Denkler

Um einmal mit einem Zitat von FDP-Chef Guido Westerwelle einzusteigen: "Für wie bekloppt hält eigentlich die Bundesregierung die deutschen Autokäufer?" Eine berechtigte Frage. Erst kündigt die Berliner Großkoalition an, die Kfz-Steuer für alle Neuwagen bis zu zwei Jahre zu erlassen, wenn das Auto innerhalb der kommenden zwei Jahre gekauft wird.

Niemand kauft einen Neuwagen wegen 100 Euro Steuererparnis. Foto: dpa (Foto: Foto: dpa)

Jetzt, kaum eine Woche später, der Rückzug. Nur noch ein halbes Jahr soll das Zeitfenster für den Kauf eines Neuwagens offen sein, um in den Genuss der Steuererleichterung zu kommen.

Da stellt sich die Frage noch drängender, was der Unfug eigentlich soll? Über eine Milliarde Euro kostet die ganze Veranstaltung den Steuerzahler. Viel Geld. Der Effekt? Wohl nicht messbar.

Irgendwo zwischen 100 und 200 Euro wird ein Autokäufer über die kommenden zwei Jahre sparen, wenn er sich bis Juli 2009 einen Neuwagen zulegt. Das sind umgerechnet etwa drei Tankfüllungen, ein halbwegs passables Autoradio oder - bei maximaler Laufzeit - eine halbe Monatsrate.

Würde ein Händler so einen Rabatt anbieten, der Kunde würde auf dem Absatz kehrtmachen und sich ein anderes Autohaus suchen. Kaufanreize sehen anders aus.

Dabei hat die Bundesregierung doch versprochen, dass alles, was zum "Rettungsschirm für Arbeitplätze" gehört, zielgenau und nachhaltig zu wirken habe.

Darum bemüht sich die Regierung jetzt, mit Vorzieh-Effekten zu argumentieren. Wer also, so die Logik, im August oder September 2009 zur Tat schreiten wollte, der wird es jetzt schon im Mai oder Juni tun. Selbst, wenn das so sein sollte, dann werden nach Adam Riese in der zweiten Jahreshälfte 2009 umso weniger Autos gekauft. Ein Vorteil für die Autohersteller ist nicht zu erkennen.

Die Bundesregierung ist nicht mal in der Lage, zu beziffern, wie viele Autos in den kommenden sechs Monaten zusätzlich gekauft werden müssten, damit die Aktion als Erfolg gewertet werden kann.

Im ersten Halbjahr 2008 sind in Deutschland 1,63 Millionen Neuwagen zugelassen worden. Muss die Zahl gehalten werden? Darf sie nicht unter 1,2 Millionen rutschen? Wird am Ende mehr als eine Milliarde Euro verbraten, damit einige wenige sich überlegen, ihren Wagen einen Monat früher zu ordern?

Mal überspitzt gesagt: Da könnte die Bundesregierung für das Geld gleich 50.000 Neuwagen kaufen und sie an verdiente Bürger verschenken. Das hätte immerhin den Vorteil, dass dadurch das eigentliche Ziel, nämlich die deutsche Autoindustrie zu fördern, treffsicher erreicht würde.

Ausländische Autohersteller haben hierzulande einen Markanteil von fast 40 Prozent. Mit der eingesetzten Milliarde würden also für gut und gerne 400 Millionen Euro Produzenten im Ausland gepäppelt. Wenn die Sache mit dem Steueranreiz denn funktionieren würde.

Aber wahrscheinlich ist den Verantwortlichen der großen Koalition irgendwann im Laufe der vergangenen Woche aufgefallen, dass die Sache eben nicht funktionieren kann. Um aber nicht als Trottel dazustehen, wird jetzt nur das Zeitfenster für den Kauf von zwei Jahren auf ein halbes Jahr reduziert.

Besser wäre, es ganz zu schließen - und so schnell es geht, eine neue, verbrauchsabhängige Kfz-Steuer zu installieren.

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