Katholische Kirche:Halbmut

Ja, die katholische Kirche zahlt mehr Entschädigung als bisher und mehr als andere Institutionen, in denen Missbrauch geschah. Aber es hat doch der Kleingeist gesiegt. Das ist ein schlechter Start für den neuen Vorsitzenden der Bischofskonferenz.

Von Matthias Drobinski

Hohe Erwartungen wecken und sie dann enttäuschen - das schafft besonders großen Ärger. Die katholische Bischofskonferenz hat das hinbekommen und ihrem neuen Vorsitzenden, Limburgs Bischof Georg Bätzing, einen Auftritt zum Beginn seiner Amtszeit geschenkt, bei dem er nur verlieren konnte.

Im Herbst sah es noch so aus, als würden die Bischöfe einen wahrhaft mutigen Schritt tun und mit bis zu einer Milliarde Euro die Menschen entschädigen, denen Priester und Ordensleute sexuelle Gewalt antaten. Es wäre ein tönendes Signal der Umkehr gewesen; es wäre eine schmerzhaft hohe, aber doch bezahlbare Summe gewesen - ein Investment in den Neuanfang. Doch dann sind die Stimmen der Sparfüchse und Bedenkenträger stärker und stärker geworden: Ist das nicht doch zu viel Geld? Wer soll die Ansprüche prüfen? Und werden sie in der evangelischen Kirche und den Sportvereinen nicht sauer auf uns sein, weil wir die Betroffenen dort auf teure Gedanken bringen?

Herausgekommen ist nun eine Lösung, die man bestenfalls halbmutig nennen kann. Ja, die katholische Kirche zahlt mehr als bisher und mehr als andere Institutionen, in denen Missbrauch geschah und geschieht. Aber es hat doch der Kleingeist den heiligen Geist besiegt. Mit Halbmut aber ist die Krise der Kirche nicht zu überwinden.

© SZ vom 06.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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