Katholische Kirche:Ende der Paralleljustiz

Ein großer Schritt, ein gutes Zeichen: Franziskus schafft das "päpstliche Geheimnis" ab, wenn es um Missbrauchsfälle geht. Aber die Aufklärung steht immer noch erst am Anfang.

Von Matthias Drobinski

Papst Franziskus schafft das "päpstliche Geheimnis" ab, wenn es um Verfahren wegen sexueller Gewalt geht. Das ist für den Vatikan ein großer, aber längst überfälliger Schritt. Er schafft ein Herrschaftsinstrument ab, das die Betroffenen im Unklaren über den Stand der Verfahren ließ, das Täter schützte, Opfer entmutigte und die Zusammenarbeit mit den Staatsanwälten unterband. Der Papst setzt in die Tat um, was er auf der Krisenkonferenz im Vatikan vor knapp einem Jahr versprochen hat. Ein gutes Zeichen.

Damit endet, zumindest formal, die Zeit kirchlicher Paralleljustiz. Es gibt, wie von den deutschen Bischöfen schon länger beschlossen, auch im Vatikan keinen Grund mehr, Verdachtsfälle der weltlichen Justiz vorzuenthalten, wenn den Beschuldigten ein rechtsstaatliches Verfahren erwartet. Es braucht allerdings konsequente Kirchenrichter, die diese Zusammenarbeit zum Standard machen.

Erforschung und Aufarbeitung des Unrechts stehen noch am Anfang. Seit den Achtzigerjahren mussten alle Missbrauchs-Verdachtsfälle der Glaubenskongregation gemeldet werden. Geschah das? Was geschah dann? Was tat der Präfekt der Glaubenskongregation, der die Behörde mehr als zwei Jahrzehnte leitete - Kardinal Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI.? Diese Fragen warten auf ihre Aufklärung.

© SZ vom 18.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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