Katholische Kirche:Der Skandal ist Chefsache

Dass der Papst erst jetzt hart durchgreift, wenn es um sexuelle Gewalt geht, zeigt, wie groß das Versagen der Institution ist. Franziskus macht klar, dass die Kirche das Thema Missbrauch so schnell nicht los wird.

Von Matthias Drobinski

Jeder Fall von sexueller Gewalt gegen Schutzbefohlene in der katholischen Kirche muss künftig nach Rom gemeldet werden - das ist ein bitter überfälliger Schritt. Dass er erst jetzt erfolgt, zeigt, wie groß das Versagen der Institution ist: Schon lange ist die Glaubenskongregation zuständig, wenn ein Priester oder Ordensmann im Verdacht steht, jemandem sexuelle Gewalt angetan zu haben. Bislang aber passierte Bischöfen nichts, wenn sie nichts nach Rom meldeten.

Damit macht Franziskus nun Schluss und zeigt: Der Skandal ist Chefsache. Insgesamt folgt sein Erlass den Vorschlägen jener Bischöfe, die auf dem Krisentreffen im Februar in Rom für strenge und klare Regeln eintraten: Überall in der Welt muss es Ansprechpartner für Betroffene geben, die Kirche muss Therapien und Hilfen anbieten, Vertuschung wird bestraft. Das ist eine Ansage für alle in der Kirche, die das lästige Thema gerne loswerden würden. Und das ist vor allem in Ländern wichtig, in denen sexuelle Gewalt immer noch als Kavaliersdelikt gilt.

Eins regelt das neue Recht nicht: die Frage, ob zwingend der Staatsanwalt eingeschaltet werden muss, wenn ein Verdacht sich erhärtet. In Ländern mit Willkürjustiz kann es richtig sein, den Staatsanwalt außen vor zu lassen. In Rechtsstaaten sollte die Zusammenarbeit selbstverständlich sein.

© SZ vom 10.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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