Katholiken:Empörung über Nazi-Vergleich

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Gloria von Thurn und Taxis nannte ihn den "Trump der katholischen Kirche": Nun hat Kardinal Müller mal wieder heftige Kritik ausgelöst. Er verglich die Debatte über eine Kirchenreform mit dem Ermächtigungs­gesetz.

Von Annette Zoch, München

Der Synodale Weg, die Reformdebatte in der katholischen Kirche in Deutschland, wird von viel Kritik aus konservativen Kreisen begleitet. Eine Wortmeldung löst nun aber besonders große Empörung aus. Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der frühere Präfekt der Glaubenskongregation, verglich den Synodalen Weg mit dem Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten von 1933. Dem kanadischen Internetportal "LifeSiteNews" sagte Müller: "In einem suizidartigen Prozess hat die Mehrheit entschieden, dass ihre Entscheidungen gültig sind, auch wenn sie der katholischen Lehre widersprechen. So war es, als die Weimarer Verfassung durch das Ermächtigungsgesetz aufgehoben wurde. Eine selbsternannte Versammlung, die weder von Gott noch von dem Volk autorisiert ist, das sie vertreten soll, hebt die Verfassung der Kirche göttlichen Rechts auf, die auf dem Wort Gottes in Schrift und Überlieferung beruht."

Mit dem Ermächtigungsgesetz, dem "Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich" vom 24. März 1933, erteilte der Reichstag Adolf Hitler eine pauschale Befugnis, ohne Zustimmung Gesetze zu erlassen und ebnete den Weg zur Errichtung der NS-Diktatur.

"Es reicht!", schrieb als Reaktion auf Müller der geistliche Begleiter des Synodalen Wegs, der Jesuitenpater Bernd Hagenkord, in seinem Blog. Kritische Stimmen zum Reformprozess seien wichtig und gehörten dazu, "aber das Ganze hat Grenzen. Eine Grenze heißt Gerhard Ludwig Müller". Er handele "mutwillig jegliche Debatte vergiftend. Bei Nazi-Vergleichen von Christen gegen Christen hört es auf". Die Position Müllers sei auch nicht konservativ, argumentiert Hagenkord: "Das Ganze hat ja ein Muster. Und zwar ein destruktives. Das ist nicht konservativ, bewahrend. Das ist zerstörerisch, und das ist das genaue Gegenteil von bewahren." Der Präsident des Zentralkomitees deutscher Katholiken, Thomas Sternberg, sagte: "Es gibt Kritik, die richtet sich selber." Der Würzburger Bischof Franz Jung sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur, Müllers Äußerungen seien "sehr fehl am Platz".

Es ist nicht das erste Mal, dass Gerhard Ludwig Müller mit Nazi-Vergleichen für Aufsehen sorgt. 2010 - als zahlreiche Medien begannen, über die Missbrauchsskandale in der Kirche zu berichten - bezichtigte Müller Journalisten einer kirchenfeindlichen Haltung ähnlich der der Nationalsozialisten. In einem weiteren Text zum Missbrauchsskandal schrieb Müller, dass die Nazis "systematisch Tausende von katholischen Priestern und Ordensleuten entwürdigt und kriminalisiert" hätten. Müller ist seit 2017 im Ruhestand, Papst Franziskus hatte seine Amtszeit nicht verlängert. Zuletzt unternahm er mit Fürstin Gloria von Thurn und Taxis eine Vortragsreise durch Deutschland. Die Fürstin sprach von Müller lobend als "Donald Trump der katholischen Kirche".

© SZ vom 06.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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