Katalonien-Krise:Puigdemont in deutscher Haft

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Der katalanische Ex-Regierungschef wurde auf Antrag Spaniens festgenommen. Das Oberlandesgericht in Schleswig-Holstein muss nun prüfen, ob die Vorausetzungen für seine Auslieferung gegeben sind.

Von Ronen Steinke und Thomas Urban, Berlin/Madrid

Der mit Europäischem Haftbefehl gesuchte ehemalige katalanische Regierungschef Carles Puigdemont ist in Deutschland festgenommen worden. Kurz nach Überqueren der deutsch-dänischen Grenze war sein Fahrzeug am Sonntagvormittag von Beamten der schleswig-holsteinischen Autobahnpolizei, die offenbar vorab informiert worden waren, herausgewinkt worden.

Puigdemont ist vorerst in der Justizvollzugsanstalt Neumünster inhaftiert. In der katalanischen Metropole Barcelona kam es zu Demonstrationen für und gegen Puigdemont, die Polizei schritt ein, 52 Menschen wurden verletzt.

Spanien verlangt schon seit Monaten von europäischen Ländern, Puigdemont festzusetzen und auszuliefern; bislang ohne Erfolg. Der 55-Jährige hatte im Oktober einseitig die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien ausgerufen und damit gegen die Verfassung verstoßen. Daraufhin leitete Spaniens Justiz Ermittlungen wegen Rebellion ein gegen Puigdemont und andere führende Separatisten. Puigdemont floh nach Belgien ins Exil - und Belgien weigerte sich, ihn nach Spanien auszuliefern, weil europäische Auslieferungsregeln zwingend nur für herkömmliche Straftaten gelten, nicht aber für politisch strittige Angelegenheiten wie Verrat oder "Rebellion".

Neu ist, dass am Freitag der Oberste Gerichtshof Spaniens ein Strafverfahren gegen Puigdemont und weitere Regionalpolitiker eröffnete. Ihnen drohen bis zu 25 Jahre Haft. Der Richter ordnete sofortige Haft für fünf Beschuldigte an. Puigdemont weilte an dem Tag in Finnland bei einer Konferenz. Währenddessen stellte Spanien Antrag auf Festnahme des abgesetzten Regionalpräsidenten. Finnland erklärte sich bereit, Puigdemont zu verhaften. Allerdings sei er nicht auffindbar gewesen. Sein Sprecher sagte, Puigdemont sei unterwegs nach Belgien gewesen. An diesem Montag wird der Politiker dem Amtsrichter vorgeführt. Unter Berufung auf Justizkreise berichteten die Kieler Nachrichten, Puigdemont prüfe, Asylantrag zu stellen. Der Leitende Oberstaatsanwalt Ralph Döpper teilte am Sonntag mit, über eine Auslieferungshaft entscheide das Oberlandesgericht in Schleswig. Dieses prüfe dann, ob eine Übergabe Puigdemonts an spanische Behörden zulässig sei. Gebe es keine rechtlichen Hindernisse, entscheide die Generalstaatsanwaltschaft über die Auslieferung. Bundesjustizministerin Katarina Barley sagte der ARD, bei einem europäischen Haftbefehl gebe es ein klar geregeltes Verfahren. Von politischer Seite wolle sie nicht darin eingreifen. Sprecher der drei separatistischen Gruppierungen im katalanischen Parlament verurteilten Puigdemomnts Verhaftung und nannten ihn einen "politischem Gefangenen". Auch Sozialisten und die linksalternative Fraktion Cat-Comú, die bisher die Sezession nicht unterstützten, verurteilten scharf das Vorgehen der spanischen Justiz. Somit erwiesen sich Kalkulationen in Madrid als erfolglos, durch Dezimierung der katalanischen Führung eine Regionalregierung aus Verfechtern der Einheit Spaniens zu befördern.

© SZ vom 26.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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