Katalonien-Krise:Bundesregierung stützt Madrid im Fall Puigdemont

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Berlin stellt sich hinter den umstrittenen Haftbefehl gegen Kataloniens Ex-Regierungschef. Der Tipp für dessen Festnahme in Schleswig-Holstein kam offenbar vom spanischen Geheimdienst.

Von Thomas Hahn, Thomas Urban und Mike Szymanski, Berlin

Die Bundesregierung unterstützt das Vorgehen Spaniens, den ehemaligen Regierungschef der Region Katalonien, Carles Puigdemont, per Europäischem Haftbefehl suchen zu lassen. "Spanien ist ein demokratischer Rechtsstaat", kommentierte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag die Verhaftung Puigdemonts in Schleswig-Holstein tags zuvor. Die Bundesregierung sei überzeugt, dass der Katalonien-Konflikt innerhalb der "spanischen Rechts- und Verfassungsordnung" gelöst werden müsse. Die Beziehungen zu Spanien sieht Seibert wegen der Festnahme nicht als belastet an. Die Regierung in Madrid begrüßte die Festnahme. Dies sei eine "gute Nachricht" und zeige, dass die Institutionen funktionierten, zitierte die spanische Nachrichtenagentur Europa Press die stellvertretende Ministerpräsidentin Soraya Sáenz de Santamaría.

Bis zu einer Entscheidung darüber, ob Puigdemont nach Spanien ausgeliefert wird, könnte es aber noch dauern. Über die Verhängung der Auslieferungshaft muss das Oberlandesgericht in Schleswig-Holstein befinden. "Diese Entscheidung wird wohl vor Ostern nicht mehr ergehen", teilte die Staatsanwaltschaft am Montag mit. Das Amtsgericht Neumünster ordnete am Abend an, Puigdemont weiterhin in Gewahrsam zu halten. Spanien wirft ihm "Rebellion" und Veruntreuung öffentlicher Gelder vor.

Aus der deutschen Opposition kommt der Wunsch, unter Beteiligung Brüssels vermittelnd in den Konflikt einzugreifen. Grünen-Chef Robert Habeck sieht die EU in der Rolle eines "neutralen Schiedsrichters". Eine politische Einmischung in den juristischen Prozess verbiete sich. Die Linke fordert dagegen die sofortige Freilassung Puigdemonts. Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff sieht Deutschland in einem Dilemma, weil sich "kein guter Ausweg" abzeichne.

Im Zentrum der katalanischen Hauptstadt Barcelona kam es in der Nacht zum Montag zu heftigen Zusammenstößen zwischen radikalen Verfechtern der Unabhängigkeit Kataloniens und der Regionalpolizei, die seit Oktober unter dem Kommando des Innenministeriums in Madrid steht. Mehr als 100 Personen wurden verletzt, darunter 23 Polizisten. Es waren die ersten gewaltsamen Auseinandersetzungen während der Katalonien-Krise.

Puigdemont war am Sonntag auf einer Autobahnraststätte bei Schleswig festgenommen worden. Er hatte sich zuvor in Finnland aufgehalten und befand sich auf der Rückreise in sein belgisches Exil. Die Nachrichtenagentur Efe berichtete unter Berufung auf Regierungsquellen, dass Puigdemont bei seiner Rückkehr aus Helsinki von zwölf spanischen Geheimdienstagenten überwacht worden sei. Diesen sei es gelungen, einen GPS-Sender in seinem Wagen anzubringen. Die Agenten seien allerdings nicht an der Festnahme des Katalanen beteiligt gewesen. Wenn ein Haftbefehl vorliege, sei es Aufgabe der Polizei, denjenigen festzunehmen und keine politischen Erwägungen anzustellen, sagte ein Sprecher des Innenministeriums in Berlin.

© SZ vom 27.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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