Kandidatenduell der Demokraten:Jetzt wird's persönlich

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Beobachtungen in Pennsylvania: Nie war die Auseinandersetzung zwischen Obama und Clinton persönlicher - und nie die Gefahr einer Spaltung der Demokraten größer.

Reymer Klüver

Der Kandidat steht unter den Parkbäumen von Wynnewood, einem Vorort von Philadelphia. Er ruft der Menge zu: "Die Demokraten werden nicht gespalten sein im kommenden November!" Die Menschen jubeln. So wollen sie es hören. Hinter dem Redner steht der nachtblaue Pullman-Waggon "Georgia" auf den Gleisen.

Der Gegner wird niedergemacht. Ohne Rücksicht auf Verluste: Hillary Clinton und Barack Obama. (Foto: Foto: AFP)

Ein Sternenbanner flattert im Frühlingswind. Am Wochenende hat Barack Obama Wahlkampf so wie einst gemacht, als die Zeiten noch entspannter waren: Mit dem Zug ist er durchs grüne Herzland von Pennsylvania gefahren, von Philadelphia bis in die Landeshauptstadt Harrisburg.

Doch die idyllische Szenerie trügt. Nie war der Vorwahlkampf bei den Demokraten härter, nie war die Auseinandersetzung zwischen Hillary Clinton und Barack Obama persönlicher als jetzt. Die Kandidaten, beide Kandidaten, nehmen keinerlei Rücksichten mehr. Und nie war die Gefahr tatsächlich größer, dass die Demokraten am Ende wirklich tief gespalten sind, weil Anhänger beider Kandidaten sich wechselseitig die Verletzungen übel nehmen, die beide Lager einander zugefügt haben.

Vor allem Obama wirkt getroffen. Lange hatte er so getan, als wäre er über alle persönlichen Attacken erhaben. Dabei hatte er schon seit Monaten einen Satz wie diesen in Gebrauch, den er auf seiner Zugreise durch Pennsylvania mehrmals wiederholt: Die Amerikaner hätten genug von einer "zynischen Politik, in der es darum geht, andere niederzumachen, anstatt das Land voranzubringen".

Das war auf Clinton gemünzt, ohne sie beim Namen zu nennen. Doch nun teilt er sehr direkt aus: "Sie scheint immer das zu sagen, was die Leute hören wollen", erklärt er am Bahnhof von Downingtown. "Senator Clinton hat viel von dem Stil verinnerlicht, der Washington zu so einem erbärmlichen Ort gemacht hat", sagt er in Paoli. Und in Harrisburg: "Sie wäre ein besserer Präsident als Bush. Aber da gehört nicht viel dazu."

Clinton wiederum, die in den Umfragen zu Pennsylvania knapp vorne liegt, pflegt schon länger einen Wahlkampfstil, den ihr eigenes Lager die "kitchen-sink-strategy" nennt. Alles, was im Küchenabfluss, also alles, was an politischen Hinterlassenschaften und Altlasten bei Obama zu finden ist, wird hervorgezerrt - und ihm um die Ohren geworfen.

Das hatte bislang nur mäßigen Erfolg. Und selbst die rassistischen Hasstiraden von Obamas Pastor gegen Weiße haben ihm offenbar nicht nachhaltig geschadet. Deshalb geht Clinton ihn nun persönlich an, beschreibt ihn als unzuverlässigen Kantonisten.

Am Wochenende sind ihre Attacken noch einmal härter geworden. In Johnstown zum Beispiel, einer einst prosperierenden Stahlstadt tief in den Allegheny Mountains, im Hinterland Pennsylvanias. Wie seit Monaten schon in ihren Wahlreden bringt sie den bewährten Satz: "Mir geht es um Lösungen. Es ist schließlich ein großer Unterschied, ob man nur Reden schwingt oder wirklich mit Lösungen kommt." Die Leute johlen. Obama der Schönredner, der in Wahrheit nicht weiß, wie es geht. Das kommt an.

Der Gegner wird niedergemacht. Ohne Rücksicht auf Verluste. "Slash-and-burn-tactics" heißt das im politischen Jargon, Wahlkampf der verbrannten Erde. Bisher haben die Demokraten das mit den Republikanern in Verbindung gebracht.

Mit dem unerbittlichen Feldzug gegen die Clintons in den neunziger Jahren und dann, vor allem, mit der Wahlkampagne George W. Bushs vor vier Jahren, als ihr Kandidat John Kerry mit persönlichen Angriffen diskreditiert wurde. Clinton verfolgt nun dieselbe Taktik.

Obama sagt das nur Offenkundige, dass auch ein John McCain, der mutmaßliche Kandidat der Republikaner, wohl ein besserer Präsident wäre als Bush. Der Satz bekommt sogleich einen anderen Spin, wird so zurechtgedreht, als mache Obama Werbung für den Republikaner: "Wir brauchen einen Kandidaten, der John McCain angeht und ihm nicht Beifall klatscht", sagt Clinton. Letzteres stimmt natürlich nicht. Macht nichts.

Sie wirft ihm politischen Schwindel vor: Er behaupte, kein Geld von Öl-Lobbyisten zu nehmen, habe in Wahrheit aber für "Cheneys Öl-Gesetz" gestimmt. "Glaubt den Fakten und nicht den Wahlspots", ruft Clinton den vielleicht 1500 begeisterten Zuhörern in der Schulturnhalle von Johnstown zu.

Wobei sie natürlich nicht erwähnt, dass das Energiegesetz tatsächlich die Weichen zugunsten nachwachsender Rohstoffe stellt und keineswegs nur die Ölkonzerne weiter bevorteilt. Doch auf derlei Feinheiten nehmen die Kandidaten jetzt keine Rücksicht mehr. Weder Clinton noch Obama.

© SZ vom 22.04.2008/sekr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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