Kandidatenduell bei den US-Demokraten:Die Mathematik der Vergeblichkeit

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Hillary Clinton hat rein rechnerisch gegen ihren Konkurrenten Barack Obama kaum noch eine Chance - aber die will sie nutzen.

Christian Wernicke

Und sie kämpft weiter, Tag für Tag. Hillary Clinton will durchhalten, mindestens bis zum 3. Juni. Bis zu jenem Dienstag in sechs Wochen also, da Amerikas Demokraten in den Bundesstaaten Montana und South Dakota per Vorwahl die letzten 47 ihrer mehr als 4000 Delegierten für den Bundesparteitag bestimmen.

Irgendwann muss Hillary Clinton die Zahlen anerkennen. (Foto: Foto: AFP)

Die Sorge vieler Demokraten, am Schluss von Clintons langem Wettlauf gegen Barack Obama könne eine innerlich zerrüttete Partei auf der Strecke bleiben, teilt die Kandidatin nicht. "Alle Demokraten haben ein Recht, ihre Stimmen abzugeben", rechtfertigt sie ihren Ehrgeiz, nicht zweite Wahl bleiben zu wollen.

Notfalls, so droht sie, werde sie Obama sogar noch bis Ende August verfolgen - und es auf eine Kampfabstimmung während der National Convention in Denver anlegen. Doch dazu dürfte es kaum kommen. Denn das will nicht nur die Parteiprominenz verhindern, die spätestens nach dem 3. Juni beginnen dürfte, einen der beiden Duellanten aus der Bahn zu werfen.

Das geben auch Hillarys Zahlen nicht her. Im Ringen um die mehrheitliche Zustimmung der Demokraten liegt Clinton nach allen Maßstäben zwar nur zwei bis vier Prozentpunkte hinter Obama. Aber die Partei-Arithmetik - vor allem die stets streng proportionale Aufteilung der Delegiertenstimmen zwischen Sieger und Verlierer - verlangt, dass die Senatorin sämtliche der zwölf verbleibenden Primaries mit Kantersiegen gewinnt.

Sie müsste jeweils 65 Prozent aller Stimmen ergattern, um bei der Zahl der so gewählten Wahlmänner mit Obama gleichzuziehen. Das ist extrem unwahrscheinlich, weshalb gilt: Hillary Clinton nutzt eine Chance, die sie rein rechnerisch nicht mehr hat.

Auch Obama wird es nicht schaffen, die Schwelle zur absoluten Mehrheit von 2025 Parteitagsstimmen nur mit gewählten Delegierten zu überwinden. Derzeit liegt er in dieser Kategorie mit 140 Getreuen vor Clinton (1648 zu 1508). Selbst vorsichtige Prognosen verheißen ihm aber, dass er nach dem 3. Juni mindestens 80 bis 100 wirklich basis-demokratisch gekürte Wahlmänner mehr als seine Konkurrentin hinter sich scharen wird.

Also baut Clinton darauf, ihr Manko mit der Zuneigung der "Superdelegierten" auszugleichen. Nur, auch hier kämpft sie gegen den Trend: Ihr einst monumentaler Vorsprung unter Kongressmitgliedern, Gouverneuren und sonstiger Parteiprominenz ist auf karge 24 Stimmen (257 zu 233) abgeschmolzen.

Sie wird sehr gute Argumente benötigen, um die 305 noch unentschlossenen Super-Delegierten dazu zu bewegen, für sie und also gegen die per Caucus und Primary legitimierte Majorität der einfachen Delegierten zu votieren.

Allein mit einer aggressiven Kampagne, die Obamas Schwächen aufspießt, wird ihr das nicht gelingen. Denn diese Strategie beschädigt nicht nur ihren Widersacher. Nein, Clinton zerstört sich laut jüngster Umfrage selbst: 54 Prozent aller Wähler haben inzwischen ein "ungünstiges Bild" von ihr, nur noch 39 Prozent halten sie für "ehrlich und vertrauenswürdig".

Als letzte Hoffnung bleibt Hillary ein Sieg im popular vote: Hätten am Ende mehr Demokraten für sie gestimmt, sie könnte sich als Heldin des Parteivolks fühlen. Nur, auch hier liegt sie zurück, mit 717.000 von fast 26 Millionen bisher abgegeben Stimmen. Irgendwann muss Clinton diese Zahlen anerkennen - vielleicht schon am 6. Mai, nach den Vorwahlen in North Carolina und Indiana.

© SZ vom 22.04.2008/sekr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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