Jewgenija Timoschenko:Kämpferin für die Mutter und die Demokratie

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Als der ukrainische Präsident Janukowitsch die Oppositionsführerin Julia Timoschenko einsperren ließ, hatte er die Rechnung ohne ihre Tochter gemacht. Ein schwerer Fehler, denn Jewgenija Timoschenko treibt die weltweite Kampagne zur Befreiung der Mutter unermüdlich voran - und wird so zur Hoffnung vieler junger Ukrainer.

Thomas Urban

Die Gefolgsleute des autoritär regierenden Staatspräsidenten Viktor Janukowitsch im ukrainischen Sicherheitsapparat haben nicht aufgepasst: Eigentlich wollten sie mit der Inhaftierung Julia Timoschenkos die starke Führerin der Opposition ausschalten. Doch stattdessen haben sie nun ein doppeltes Timoschenko-Problem. Sie haben nämlich nicht damit gerechnet, dass Jewgenija, die Tochter der prowestlichen früheren Premierministerin, eine weltweite Kampagne für deren Freilassung startet. Sie war es, die die deutschen Medizinprofessoren in das Gefängnis von Charkow geholt hatte, wo diese ein schweres Rückenleiden ihrer Mutter feststellten.

Startete die weltweite Kampagne zur Freilassung ihrer inhaftierten Mutter: Jewgenija Timoschenko. (Foto: dapd)

Noch vor wenigen Jahren hatte Jewgenija Timoschenko konsequent Auftritte in der Öffentlichkeit vermieden, bis auf eine Ausnahme: ihre Hochzeit mit dem englischen Hardrock-Sänger Sean Carr, die Braut ganz in Weiß mit Schleier, er im Frack. So hatte es die Mutter gewünscht. Jewgenija hatte den tätowierten Rocker mit dem verlebten Gesicht erst wenige Wochen zuvor beim Urlaub im ägyptischen Scharm-el-Scheik kennengelernt, es war eine "Amour fou", wie die Kiewer Presse schrieb, ein Ausbruch aus einem bis dahin sehr behüteten Leben. Das Paar hat sich mittlerweile getrennt, sie ist zu ihrem Mädchennamen zurückgekehrt.

Ihr Vater Olexander und ihre Mutter Julia waren beide erst 19 Jahre alt und Erstsemester an der Universität der sowjetischen Rüstungsschmiede Dnjepropetrowsk, als sie 1980 geboren wurde. Die strenge Großmutter mütterlicherseits übernahm in diesen harten Jahren weitgehend ihre Betreuung. Als Jewgenija, die ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten und genauso zierlich ist, überdies auch von Natur aus wie diese dunkelbraune Haare hat, 14 Jahre alt war, kam sie auf ein Mädcheninternat bei London.

Ihre Eltern hatten es im wilden Kapitalismus der jungen Ukraine dank ihrer guten Nase für Geschäfte, ihrer Härte und auch ihres Geschicks im Umgang mit den Mächtigen zu erstem Reichtum gebracht. Geholfen hatte dabei der Vater von Olexander Timoschenko, der einen wichtigen Posten im Energie-Sektor bekleidet hatte. Bewacht von Leibwächtern blieb Jewgenija in England, sie studierte an der London School of Economics.

Hoffnungsträgerin für die junge Generation

Erst nachdem ihre Mutter, die für sie nie Zeit hatte, als sie klein war, verhaftet wurde, sei sie ihr nähergekommen, berichten die Kiewer Medien. Bei der Verkündung des Urteils gegen Julia Timoschenko, das auf sieben Jahre Haft wegen der Aushandlung eines ungünstigen Gasabkommens mit Moskau lautete, saß sie neben ihr und hielt ihre Hand. Ihrem Vater hat sie geraten, das Land zu verlassen; er hat in Tschechien politisches Asyl erhalten. Jewgenija Timoschenko sagt, sie kämpft nicht nur für ihre Mutter, sondern für die Demokratisierung in der Ukraine.

Nach anfänglicher Skepsis stehen die Menschenrechtsorganisationen hinter ihr. Sie ist auf dem Sprung, wie ihre Mutter Hoffnungsträger gerade für die jungen Ukrainer zu werden, die sich nicht mit der Rückkehr des korrupten Oligarchenregimes abfinden wollen.

© SZ vom 02.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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