Italien:Überheblich

Premier Renzis Umgangsformen stossen nicht wenige Parteifreunde vor den Kopf.

Von Oliver Meiler

Matteo Renzi - ein Faschist, ein neuer Duce? Im rhetorisch stets opulent angerichteten italienischen Politbetrieb hört man zuweilen groteske Beschimpfungen. Auch jetzt ist das wieder der Fall, da der junge, sozialdemokratische Premier das Land mit Macht zu reformieren sucht. Er unterzieht gerade die Institutionen der Republik einer fundamentalen Renovation, zunächst einmal mit einem neuen Wahlrecht. Bald soll auch das parlamentarische Zweikammersystem neu geordnet werden. Ziel ist es, Italien effizienter zu machen. Und mehr Effizienz, das findet auch eine Mehrheit der Italiener, stünde Italien ja weiß Gott gut an.

Doch Renzi geht mit seiner selbstgefälligen Art vielen Politikern sehr auf die Nerven. Im Umgang mit Kritikern neigt er zu aufreizender Süffisanz, auch mit denen, die derselben politischen Familie entstammen wie er. Gerade sie hält Renzi für Verhinderer, für Angestaubte. Statt lange zu debattieren, nötigt er seine Parlamentsmehrheit regelmäßig zu Vertrauensvoten für seine Reformen. Bei so bedeutenden Themen wie dem Wahlmodus wäre aber ein breiter Konsens wünschenswert.

Vielleicht lässt sich in Italien mit seiner barocken Politik ohne starke Leadership ohnehin nichts reformieren. Renzi wähnt das Volk hinter sich, und wahrscheinlich hat er recht. Gäbe er sich weniger überheblich, würde man ihm auch keine Prädikate aus düsteren Zeiten andichten. Sie sind blanker Unfug.

© SZ vom 02.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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