Italien:Sternschnuppen

Parteichef Di Maio, 33, erfährt, wie schnell Politiker in Italien alt aussehen.

Von Stefan Ulrich

In Sachen Nachhaltigkeit war die italienische Politik lange vorbildhaft. Nach dem Krieg wechselten sich über Jahrzehnte die immer gleichen Männer an der Macht ab. Wer ging, kam bald zurück. Später wurde Silvio Berlusconi zum Beispiel konsequenter Wiederverwertung. Seit ein paar Jahren aber ist den Bürgern die Geduld mit recycelten Politikern abhandengekommen. Raketengleich steigen jetzt neue, junge Männer auf, um ebenso rasch wieder abzustürzen. Erst erging es dem zeitweiligen sozialdemokratischen Premier Matteo Renzi so. Nun hat es den Chef der Fünf Sterne, Luigi Di Maio, erwischt. Am Mittwochabend legte er die Parteiführung nieder.

Das Schicksal Di Maios, der - vorerst - Außenminister bleibt, steht für die ganze Sterne-Bewegung. Im Widerstand gegen Establishment, Berufspolitiker und "Eliten" aufgestiegen, laufen die Sterne Gefahr, wie Sternschnuppen zu verglühen.

Ihre ideologische Beliebigkeit, in der Opposition eine Stärke, wurde an der Regierung zur Schwäche. Erst koalierten sie mit der Rechten, dann mit der Linken; mal wettern sie gegen Europa, dann beschwichtigen sie; hier machen sie sich für, dort gegen Flüchtlinge stark. Die Wähler wenden sich ab. Und der 33-jährige Di Maio, der seine Unerfahrenheit als Tugend pries, erlebt, wie schnell ein Politiker heute in Italien altert.

© SZ vom 23.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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