IT-Industrie:Die mit den Nerds tanzen

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In der Männerwelt des Silicon Valley herrscht ein gravierender Frauenmangel. Etliche High-Tech-Firmen wollen etwas dagegen unternehmen.

Von Kathrin Werner

Wer hat schon Lust auf eine Party, zu der fast nur Männer erscheinen? Und zwar nicht irgendwelche Männer, sondern solche, die sich am liebsten über Algorithmen, Programmiersprachen oder die Unterschiede zwischen verschiedenen Auflagen des Computerspiels Call of Duty unterhalten. Eine Party nur mit Männern, die sich alle ein wenig ähnlich sehen: Jeans, Turnschuhe, Kapuzenpulli, fast alle sind weiß.

Natürlich sind das Klischees über die Durchschnittsmitarbeiter der IT-Industrie. Aber offenbar haben sie einen so großen Wahrheitsgehalt, dass sogar das Silicon Valley erkannt hat, dass sich mit eigenen Leuten keine besonders coolen Partys schmeißen lassen. Um die Weihnachtsfeiern der chronisch männerdominierten Branche aufzupeppen, heuern die Tech-Firmen deshalb immer öfter Models als Partygäste an. Der Trick dabei: Die Männer dürfen nicht erfahren, dass die schönen Frauen nur deshalb mit ihnen abhängen, weil die Firma sie dafür bezahlt.

Agenturen aus Kalifornien schicken in diesem Jahr sogenannte Models für Stimmung und Atmosphäre in etliche Unternehmen, hat die Nachrichtenagentur Bloomberg herausgefunden. Früher arbeiteten die Models als Hostessen, Garderobedamen oder zumindest so, dass klar war, dass sie dienstlich da waren. Microsoft etwa musste sich im vergangenen Jahr entschuldigen, weil die Firma Tänzerinnen in knappen Schulmädchen-Uniformen zu einer Party auflaufen ließ. Neuerdings haben die bezahlten Gäste keine konkreten Vorgaben, außer mitzufeiern und gute Laune mitzubringen. Bis zu 200 Dollar bekommen sie pro Stunde.

Dass die Models benötigt werden, liegt am chronischen Mangel an Frauen im Silicon Valley. Gründerinnen fehlen genauso wie Risikokapitalgeberinnen. Sogar bei großen High-Tech-Firmen wie Google sind oft mehr als zwei Drittel der Mitarbeiter Männer. In Führungspositionen ist das Gefälle noch größer. Das hat auch zur Folge, dass das Silicon Valley ein Problem mit sexueller Belästigung hat. Gerade haben mehrere prominente Investoren wie Dave McClure ihre Jobs verloren, weil sie versucht haben, Frauen anzugrapschen. Beim Taxi-Startup Uber mussten Dutzende Männer wegen Diskriminierung gehen, darunter der Chef Travis Kalanick.

Am vergangenen Wochenende etwa schickte die Modelagentur Cre8 25 Frauen und fünf Männer zur Party einer Computerspielfirma. Alle sehen sie gut aus, die Eventplaner hätten sie anhand von Fotos ausgesucht, sagte die Cre8-Chefin Farnaz Kermaani. Die Firma nannte ein paar Namen von Mitarbeitern. Falls auf der Party jemand fragt, sollen die Models so tun, als seien sie mit den Leuten befreundet. Zur Verschwiegenheit müssen sie sich auch verpflichten, schließlich sollen sie nichts ausplaudern, falls ihnen die IT-Männer nach dem siebten Bier Betriebsgeheimnisse ins Ohr flüstern. Kermaani besucht die Firmen schon vor der Party, um ein Gefühl für das Betriebsklima zu bekommen und sicherzustellen, dass ihre Models in Sicherheit sind. "Wenn jemand mir gegenüber aufdringlich ist, der Eigentümerin der Firma, kann ich garantieren, dass sie auch aufdringlich zu den Models sind", sagte sie zu Bloomberg. "Das Silicon Valley hat nicht den besten Ruf."

© SZ vom 12.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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