Israel:Der Zorn geht weiter

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Nach dem Anschlag auf dem Tempelberg hat Israel die Sicherheitskontrollen verschärft. Nun reagieren die Palästinenser mit heftigem Protest.

Und wieder ist sie zu hören, die Parole, die schon in der Ersten und Zweiten Intifada die Massen antrieb: "Mit unserer Seele und unserem Blut werden wir die Al-Aksa-Moschee verteidigen", rufen Hunderte Palästinenser, während sie durch die Altstadt von Ostjerusalem ziehen. Nach dem blutigen Anschlag auf dem Tempelberg vor einer Woche, bei dem zwei israelische Polizisten und drei arabische Angreifer getötet wurden, hatten die Israelis die Kontrollen am Tempelberg und in ganz Jerusalem verschärft. Daraufhin kam es nach dem Freitagsgebet rund um die Jerusalemer Altstadt, aber auch im Westjordanland, zu gewaltsamen Ausschreitungen.

Die strengen Kontrollen an den islamischen Stätten heizten die Wut der Palästinenser an

Als bekannt wurde, dass nicht nur 400 Palästinenser verletzt, sondern auch drei getötet wurden, änderte sich die Parole: "Mit unserer Seele und unserem Blut werden wir die Märtyrer verteidigen", riefen die protestierenden Palästinenser nun. In den sozialen Netzwerken ist zu sehen, wie ein junger Mann, eingewickelt in eine rote Decke, von einer Menschenmenge getragen wird. Über dem Bild steht, er werde zu seiner Beerdigung gebracht. Es soll sich dabei um den 17-jährigen Muhammad Sharf handeln, der im arabischen Ostteil Jerusalems, im Viertel Ras al-Amud, in den Kopf getroffen wurde, wie das Gesundheitsministerium der palästinensischen Autonomiebehörde mitteilte. Auch die anderen Opfer sollen durch Schüsse getötet worden sein, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur Maan. Dass das muslimische Freitagsgebet auf dem Tempelberg nach dem "Tag des Zorns" nicht ohne Zwischenfälle stattfinden würde, war vorauszusehen. Vor allem die installierten Metalldetektoren rund um den Tempelberg erregten den Zorn vieler Palästinenser. Sie werten es als Versuch Israels, mehr Kontrolle über die Al-Aksa-Moschee und das Areal zu erlangen. Israel betont aber, es wolle den Status quo nicht verändern. Die Metalldetektoren seien unentbehrlich, um die Sicherheit aufrechtzuerhalten, sagte der israelische Minister für öffentliche Sicherheit, Gilad Erdan, am Donnerstag. Muslimische Autoritäten riefen daraufhin zu Massenprotesten auf, sollten die Vorrichtungen nicht bis Freitag beseitigt sein. Die Detektoren blieben, die Demonstranten kamen. Als die israelische Polizei am Freitag Männern unter 50 Jahren den Zutritt zum Gebet am Tempelberg untersagte, fachte das die Wut der Palästinenser weiter an. Nur Frauen und Männer über 50 erhielten Zutritt. Hunderte jüngere Männer beteten deshalb auf der Straße außerhalb der Altstadtmauern. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bat die US-Regierung, in der Krise zu vermitteln, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa am Freitag. Jordanien ist bis heute Hüter der religiösen islamischen Stätten im arabisch geprägten Ostteil Jerusalems, den Israel 1967 erobert und später annektiert hatte. Das Tempelberg-Plateau mit den beiden Moscheen untersteht heute der islamischen Wakf-Stiftung. Zwar sind die Israelis für die Sicherheit dort verantwortlich, doch nur Muslime dürfen dort beten. Bereits in der Vergangenheit zeigte sich die enorme emotionale Sprengkraft des Tempelbergs. Als der damalige israelische Oppositionsführer Ariel Scharon am 28. September 2000 den Berg besuchte, empfanden das die Palästinenser als bewusste Provokation, was zu einem blutigen Konflikt führte: der Zweiten Intifada.

© SZ vom 22.07.2017 / AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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