Islamismus:Marokko warnte Behörden vor Amri

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Der Verfassungsschutz hatte vor dem Weihnachtsmarkt-Anschlag in Berlin Hinweise aus dem Ausland auf den späteren Attentäter.

Der marokkanische Geheimdienst ist 2016 auf den späteren Weihnachtsmarkt-Attentäter aufmerksam geworden, weil der Tunesier in Deutschland Kontakt zu radikalen Islamisten marokkanischer Herkunft pflegte. Das geht aus Unterlagen hervor, über die das Bundeskriminalamt (BKA) im November 2016 die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern informierte. In einem Vermerk, den die Deutsche Presse-Agentur einsehen konnte, heißt es, Amri sei ein "Islamonaut" und wolle "ein Projekt" ausführen, über das er am Telefon nicht sprechen könne. Die Marokkaner baten das BKA damals um weiterführende Erkenntnisse zu einem Marokkaner, einem Franko-Marokkaner und zu Amri. Sie interessierten sich dabei besonders für deren mögliche Kontakte zu Angehörigen der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien, Libyen oder dem Irak. Das Bundesamt für Verfassungsschutz wurde damals gebeten, den Hinweisen aus Marokko nachzugehen. Wie im Untersuchungsausschuss des Bundestages zu dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz bekannt wurde, fragte der Nachrichtendienst aber lediglich beim US-Geheimdienst nach, was von den Hinweisen zu halten sei. Die Antwort der Amerikaner kam erst nach dem Anschlag. Der abgelehnte Asylbewerber und Drogendealer Anis Amri hatte am 19. Dezember 2016 einen Lastwagen gekapert, mit dem er auf den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz raste. Er tötete zwölf Menschen, mehr als 70 Menschen wurden verletzt.

Wie die Bundesanwaltschaft am Dienstag offiziell bestätigte, war Amri auch an der Planung eines weiteren Anschlags in Deutschland beteiligt. Demnach hatten Amri, der seit August in deutscher Untersuchungshaft sitzende Magomed-Ali C. und ein inzwischen in Frankreich inhaftierter Komplize einen Anschlag geplant, der allerdings verhindert wurde. Der 31-jährige C., der russischer Staatsangehöriger ist, wird verdächtigt, im Oktober 2016 in seiner Berliner Wohnung "eine nicht unerhebliche Menge" des Sprengstoffs TATP aufbewahrt zu haben. Der Sprengstoff wurde allerdings bis heute nicht gefunden. Die Ermittler gehen davon aus, dass das Islamisten-Trio durch einen Polizeibesuch bei C. aufgeschreckt wurden und sich daraufhin trennte. Die Bundesanwaltschaft teilte am Dienstag mit, Anklage gegen C. wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat erhoben zu haben.

© SZ vom 06.03.2019 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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