Iran und der Transrapid:Teheraner Planspiele

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Der politische Widerstand gegen Iran als Wirtschaftspartner ist zu kurz gedacht: Der Transrapid-Deal könnte den Streit über das Atomprogramm entschärfen.

Tomas Avenarius

Die Verwirrung um den Bau einer Transrapid-Strecke für Iran wirkt absonderlich: Der persische Wunsch, eine Hochleistungsstrecke zwischen der Hauptstadt Teheran und der Pilgerstadt Maschad zu bauen, ist seit Jahren bekannt.

Transrapid vom Typ TR9 auf einer Transrapid-Teststrecke in Niedersachsen (Foto: Foto: ddp)

Von den Teheraner Planspielen weiß man bei Siemens, bei Thyssen und in Berlin. Irans Infrastruktur bedarf der Modernisierung. Das riesige Land mit 75 Millionen Einwohnern hat kein leistungsfähiges Eisenbahnsystem.

Ein Münchner Ingenieurbüro hat jetzt im Alleingang einen waghalsig wirkenden Vertrag mit der iranischen Seite über die Umsetzung des Sieben-Milliarden-Projekts abgeschlossen. Die deutsche Firma soll ein Konsortium zusammenstellen, das die Magnetbahn-Technik ins Land bringt und für die praktische Umsetzung sorgt.

Gefragt wären zuerst einmal Siemens und Thyssen als Vorreiter und Patentherren der Transrapid-Technik. Das aber wird auf größten politischen Widerstand treffen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Zentralrat der Juden in Deutschland haben das Projekt schon 2007 vehement abgelehnt.

Die Begründung: Wer den Holocaust leugne und Israel vernichten wolle, wie dies Teile der iranischen Führung tun, könne kein Wirtschaftspartner der Deutschen sein. Das klingt schlüssig. Es ist aber politisch kurz gedacht.

Das Verhältnis der internationalen Gemeinschaft zu Iran ist verfahren. Die Iraner werden verdächtigt, unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms die Bombe bauen zu wollen. Diese Befürchtung ist mehr als berechtigt. Aber Teheran wird keinen Rückzieher machen. Es sieht im Nuklearprogramm zuerst einmal ein nationales und ziviles Modernisierungsprojekt, unabhängig vom ziemlich wahrscheinlichen militärischen Teil. Das Land wird deshalb hart bleiben in der Atomfrage.

Wer die Iraner zum Einlenken bewegen und sie von einem wahrscheinlich vorhandenen militärischen Teil der Atomforschung abbringen will, muss ihnen handfeste politische und wirtschaftliche Vorteile bieten. Auch der Transrapid wäre ein wichtiges Modernisierungsprojekt für Iran - und es wäre weniger konfliktträchtig als der forcierte und fragwürdige Ausbau der Atomkraft in dem ölreichen Land.

Der Transrapid könnte ein Instrument der Integration sein

Die Bevölkerung würde den Nutzen der Zusammenarbeit sehen. Und die iranische Regierung könnte ohne Gesichtsverlust einem Kompromiss in der Frage der umstrittenen Uran-Anreicherung zustimmen. Schließlich brächte sie das Land mit dem Transrapid ins 21.Jahrhundert und erfüllte so den iranischen Anspruch auf Modernität und eine Vorreiterrolle in Nahost.

Der Bau der deutschen Magnetbahn böte neben Arbeitsplätzen in Deutschland zudem einen politischen Hebel, Teheran im Falle des Verstoßes gegen mögliche Vereinbarungen in der Atomfrage beizeiten unter Druck zu setzen. Das Projekt hätte eine Laufzeit von rund sechs Jahren. In den kommenden zwei Jahren wird sich entscheiden, wohin Irans Nuklear-Ambitionen führen: zu einem diplomatischen Kompromiss, zur weiteren Isolation und Radikalisierung Teherans oder zu einem militärischen Konflikt.

Statt die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Iran reflexhaft abzulehnen, sollte sich die deutsche Seite wirklichen Einfluss in einem der wichtigsten, aber politisch schwierigsten Mittel-Ost-Staaten verschaffen. Der Transrapid könnte ein Instrument sein für Berlin, die Iraner international zu integrieren, statt sie noch tiefer in die Ecke zu drängen.

Was die von den Kritikern lautstark ins Feld geführte "Terrorfähigkeit" des Transrapid angeht, mit dem man angeblich "auch Terroristen und Waffen" transportieren kann: Motorroller waren 2006 das wichtigste Transport- und Kommunikationsmittel im Krieg zwischen Israel und der Iran-treuen Hisbollah. Will irgendjemand wegen der "Terrorfähigkeit" der Zweiräder nun den Export von Vespa-Rollern nach Iran oder dem Libanon verbieten?

© SZ vom 29.05.2009/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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