Iran:Teheran lässt Botschaftsmitarbeiterin frei

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Die in Iran inhaftierte Mitarbeiterin der französischen Botschaft ist aus dem Gefängnis entlassen worden. Die 24-jährige Clotilde Reiss muss jedoch weiter in Haft bleiben.

Iran hat eine seit Tagen inhaftierte Mitarbeiterin der französischen Botschaft freigelassen und im Konflikt um die inhaftierte französische Sprachlehrerin Clotilde Reiss Kompromissbereitschaft angedeutet. Frankreich dankte Syrien und der EU für ihre Unterstützung bei der Freilassung der Franco-Iranerin Nazak Afshar.

Nach der Freilassung der französischen Botschaftsmitarbeiterin gibt es neue Hoffnung für Clotilde Reiss. (Foto: Foto: dpa)

Präsident Nicolas Sarkozy habe mit Afshar nach ihrer Haftentlassung telefoniert, teilte der Élysée-Palast mit. Die 50-jährige Botschaftsangestellte war am 6. August festgenommen worden, weil sie in E-Mails über Demonstrationen gegen die Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad berichtet hatte.

"Der Richter entscheidet"

Weiter in Haft bleibt die 24-jährige Sprachlehrerin Reiss, der in Iran wegen Spionage und Verwicklung in die Proteste nach der Wahl der Prozess gemacht wird. Die seit Anfang Juli inhaftierte Reiss müsse ebenfalls umgehend freigelassen werden, forderte Sarkozy.

Teheran bot an, Reiss bis zum Urteil in der französischen Botschaft unterkommen zu lassen. Allerdings gab Iran keine Garantie, dass Reiss danach nicht ins Gefängnis zurück muss. "Der Richter entscheidet", erklärte der iranische Botschafter in Paris, Seyed Mehdi Miraboutalebi, dem Sender RFI. Paris habe auf das Angebot der vorläufigen Freilassung von Reiss nicht geantwortet, sagte Miraboutalebi.

Er warf Clotilde Reiss vor, nach Ablauf ihres nur einen Monat gültigen Visums weitere vier Monate illegal in Iran geblieben zu sein. Teheran habe "ohne es an die Öffentlichkeit zu bringen eine einvernehmliche Lösung" gesucht. "Leider haben unsere französischen Freunde nicht die nötige Geduld aufbringen wollen", sagte Miraboutalebi. Paris habe die Affäre vor "Eintreten der juristischen Lage" publik gemacht.

Der französische Regierungssprecher Luc Chatel erklärte: "Clotilde Reiss ist unschuldig und Opfer eines Schauprozesses." Neben Reiss sitzen in dem Prozess auch ehemalige Regierungsmitglieder sowie iranische Mitarbeiter der französischen und britischen Botschaften auf der Anklagebank. Einigen der insgesamt 100 Angeklagten wird auch Verschwörung zum Umsturz vorgeworfen - ihnen droht deshalb die Todesstrafe.

Der schwedische Außenminister und EU-Ratsvorsitzende Carl Bildt erklärte am Dienstag in Stockholm, die Europäische Union sei bereit, "weitere Schritte" zu unternehmen, um die Freilassung der Französin zu erreichen. Einzelheiten nannte er nicht.

Die Opposition erkennt den Wahlsieg des ultrakonservativen Ahmadinedschad nicht an und spricht von Betrug.

In Iran wurden jetzt Rufe lauter, auch dem Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi den Prozess zu machen. Der Abgeordnete Mohammed Karim Shaharsad warf iranischen Medien zufolge Mussawi vor, dessen Wahlkampfbüro habe Kontakte zu ausländischen Botschaften gehabt.

Am Sonntag hatte bereits der Vize-Chef der Revolutionsgarden, Jadollah Dschwani, gefordert, Mussawi wegen Verschwörung zum Sturz der Regierung vor Gericht zu stellen.

Opposition: 69 Tote bei den Unruhen

Ein Sprecher Mussawis wies die Vorwürfe zurück. Mussawi, dessen ebenfalls unterlegener Mitbewerber Mehdi Karrubi sowie die Ex-Präsidenten Mohammed Chatami und Akbar Haschemi Rafsandschani bilden seit der Wahl die vier führenden Köpfe der Opposition.

Angesichts von Gerüchten, der gemäßigte Kleriker Chatami wolle politisches Asyl im Ausland suchen, riefen Parlamentarier auch dazu auf, ihm zu verbieten, das Land zu verlassen.

Nach Angaben der Opposition sind bei den Protesten nach der Wahl 69 Menschen getötet worden. Das berichtete die Teheraner Zeitung Sarmajeh unter Berufung auf Ali Resa Husseini-Beheschti, einen Vertrauten Mussawis. Eine entsprechende Namensliste sei am Montag dem Parlament vorgelegt worden. Die Regierung spricht bislang lediglich von 20 bis 26 Todesopfern.

Den Angaben zufolge sollen noch rund 220 der insgesamt mehr als 1000 Inhaftierten im Gefängnis sitzen. Nach amtlichen Angaben sind es nur 110.

Parlamentssprecher Ali Laridschani ordnete eine Untersuchung der Vorwürfe an, dass Regierungsgegner in der Haft brutal vergewaltigt worden seien. Karrubi hatte am Montag auf seiner Webseite entlassene politische Häftlinge zitiert, die berichteten, junge Frauen und Männer seien im Gefängnis sexuell missbraucht worden.

© dpa/Reuters/AFP/AP/woja/mikö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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