Iran:Teheran fordert neue Sanktionen heraus

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Iran treibt sein Atomprogramm nach einem vertraulichen Bericht der Atomenergiebehörde unbeirrt voran. Die US-Marine begann währenddessen vor der Küste Irans ihr bislang größtes Manöver seit Beginn des Irak-Kriegs.

Nicolas Richter

Iran treibt sein Atomprogramm unbeirrt voran und riskiert damit neue Sanktionen der Vereinten Nationen. Dies ist die Kernaussage eines vertraulichen Berichts, den die Internationale Atomagentur IAEA am Mittwoch ihrem Gouverneursrat sowie dem Sicherheitsrat vorlegte.

Danach kommt das Land seinem Ziel, Uran in industriellem Ausmaß anzureichern, immer näher. Laut dem Bericht betreibt Iran in seinem Atomzentrum in Natans mittlerweile simultan acht Kaskaden mit insgesamt 1312 Zentrifugen, in diese wird bereits Uran-Gas eingeführt.

"Anlass zu großer Sorge"

Zwei weitere Kaskaden seien getestet worden, drei weitere im Bau. Das bedeutet einen erheblichen Fortschritt seit dem letzten IAEA-Bericht Ende Februar, als nur zwei Kaskaden im Leerlauf funktionierten. In IAEA-Kreisen hieß es, die Fortschritte seien ,,Anlass zu großer Sorge''. Nach eigenen Angaben ist es Iran bereits gelungen, niedrig angereichertes Uran zu produzieren, wie es in Atomkraftwerken verwendet wird.

Das Regime strebt 50.000 Zentrifugen an. Schon 3000 Maschinen könnten binnen eines Jahres genug Uran anreichern für eine Atombombe, wenn das Land sich entscheiden sollte, sein als zivil deklariertes Programm militärisch zu nutzen. Die IAEA beklagt die fehlende Transparenz des iranischen Atomprogramms.

Zwar seien in Natans auch unangemeldete Inspektionen möglich, insgesamt habe sich der Wissensstand der Inspektoren aber verschlechtert. Die IAEA könne auch weiterhin nicht bestätigen, dass das Programm nur friedlichen Zwecken diene.

Neun US-Kriegsschiffe vor der Küste

Die US-Marine leitete vor der Küste Irans ihr bislang größtes Manöver seit Beginn des Irak-Kriegs im Jahr 2003 ein. Neun Kriegsschiffe, darunter zwei Flugzeugträger, durchfuhren mit einer Besatzung von 17.000 Mann am Mittwoch die internationalen Gewässer der Straße von Hormus. Anschließend sollte mit militärischen Übungen begonnen werden.

Der Sicherheitsrat hatte seine Sanktionen gegen Iran erst Ende März verschärft. Gleichzeitig hatte das UN-Gremium angekündigt, sich mit dem Fall Ende Mai im Lichte des IAEA-Berichts erneut zu befassen. Nun wird im Rat eine Debatte über die weitere Verschärfung der Sanktionen beginnen. Inzwischen kommt es offenbar zu Spannungen zwischen der US-Regierung und IAEA-Chef Mohammed el-Baradei.

Der hatte kürzlich in der spanischen Zeitung ABC darauf hingewiesen, dass angesichts der iranischen Fortschritte die Forderung des Sicherheitsrats nach einem vollständigen Stopp der Anreicherung ,,von den Ereignissen überholt worden'' sei. Die Priorität sei nun nicht mehr ein Anreicherungsstopp, sondern es gelte zu verhindern, dass Iran die Produktion ausbaue.

Außerdem müssten die Inspektoren uneingeschränkten Zugang zu den Anlagen erhalten. Diese Äußerungen verärgerten offenbar die US-Regierung. Baradei spalte damit die UN, hieß es in Diplomatenkreisen. Am Dienstag kursierte in Wien ein Gerücht, wonach die US- und die Bundesregierung formell gegen Baradeis Äußerungen protestieren wollten.

Allerdings hieß es in deutschen Regierungskreisen, dieser Vorstoß sei nicht bekannt. Auch die US-Botschaft in Wien wollte sich nicht äußern. Baradei befürchtet, dass die Spannungen zwischen Iran und den UN zunehmen und dass sich Teheran künftig ganz den Inspektionen der IAEA entziehen könnte.

© SZ vom 24.5.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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