Anfang der abgelaufenen Woche drehte sich die Empörungsspirale wieder einmal besonders schnell. Kaum hatte das EU-Parlament nach zwei Jahren Debatte endlich Regeln für den Datenverkehr im Internet beschlossen, schwoll die Welle der Kritik auch schon heftig an: Ein "dreckiger Deal" sei die neue Verordnung, "die großen Telekom-Konzerne haben sich durchgesetzt", die Netzneutralität sei "geopfert" worden.
Nun wird im Digitalen ja gerne schnell geschossen, doch diesmal waren es allesamt Treffer. Denn schon kurz darauf präsentierte Telekom-Chef Timotheus Höttges den Businessplan zum EU-Beschluss. In Zukunft, sagte Höttges, solle es sogenannte Spezialdienste im Internet geben, die von den Netzbetreibern gegen einen Aufpreis bei der Datenübertragung bevorzugt werden. Doch während in der EU-Kommission dabei mehr an Systeme zur Steuerung des Verkehrs oder medizinische Anwendungen gedacht wurde, denkt Höttges auch an das große Geschäft: mit Online-Spielen zum Beispiel oder dem Verleih von Filmen.
Dem Unternehmens-Chef Höttges ist kein Vorwurf zu machen, wohl aber Günther Oettinger, dem EU-Kommissar für Digitales. Statt die Netzneutralität fest zu verankern, hat er ohne Not den ersten Schritt zum Zwei-Klassen-Netz zugelassen. Bleibt die Hoffnung, dass bald gegen die neue Regelung geklagt wird. Dann könnte der Europäische Gerichtshof die Rechte der EU-Bürger stärken. Wieder einmal.