Internationaler Bericht:Lob der Ausbildung

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In ihrer jährlichen Bestandsaufnahme zur Bildung weltweit stellt die OECD Deutschland ein gutes Zeugnis aus - für den dualen Weg ins Berufsleben.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Dass die ganze Welt Deutschland um seine duale Ausbildung beneide, gehört seit Jahrzehnten zum Repertoire so gut wie jeder Rede, die hierzulande zum Thema betriebliche Bildung gehalten wird. Nun hat auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Deutschland für sein Ausbildungswesen gelobt. Das geht aus dem Bildungsbericht der Organisation hervor, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.

International allerdings hat die berufliche Bildung dem Bericht nach gegenüber der akademischen an Boden verloren: Der Anteil Erwachsener mit einem berufsbildenden Abschluss als höchste Qualifikation ist in der jüngeren Generation in den Industrieländern um fünf Prozentpunkte gesunken; der Anteil derjenigen mit einem Hochschulabschluss oder einer vergleichbaren Qualifikation dagegen stieg um zehn Prozentpunkte.

Die OECD erklärt diese Entwicklung unter anderem damit, dass die Beschäftigungschancen für Akademiker im Laufe ihres Berufslebens besser seien. Hinzu kommen die Verdienstmöglichkeiten: Im Schnitt der OECD-Länder verdienen Nicht-Akademiker 34 Prozent weniger als Beschäftigte mit Hochschulabschluss oder einer vergleichbaren Qualifikation.

Auch in Deutschland steigt der Anteil junger Menschen, die nach der Schule studieren. Trotzdem entscheiden sich mit 46 Prozent aller Schülerinnen und Schüler nach wie vor relativ viele für eine Berufsausbildung - vier Prozentpunkte mehr als im OECD-Schnitt. Zudem ist die von der OECD besonders gelobte Kombination aus Berufsschule und Betrieb in Deutschland weiter verbreitet als in anderen Ländern. Dreimal so viele Jugendliche machen hierzulande eine solche duale Ausbildung, die laut OECD zu hohen Beschäftigungsquoten im späteren Berufsleben führt - teilweise sogar zu höheren als bei Akademikern.

Die Corona-Krise habe gezeigt, wie dringend Deutschland junge Leute brauche, die eine solche Ausbildung machten, sagte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) am Dienstag und verwies auf den Einzelhandelskaufmann im Supermarkt oder die Krankenpflegerin.

Die Corona-Krise hat allerdings noch etwas anderes gezeigt, nämlich dass die allgemeinbildenden Schulen in Deutschland technologisch nicht im 21. Jahrhundert angekommen sind. Auch wenn Schulschließungen international unterschiedlich gehandhabt wurden, zeigt sich doch, dass in sehr vielen Staaten Schülerinnen und Schüler monatelang zu Hause bleiben mussten; am häufigsten waren Schulschließungen von zwölf bis 16 Wochen. Karliczek betonte, wie wichtig es sei, "den Kindern jetzt ein vollständiges Schuljahr zu bieten".

Laut OECD haben viele Lehrer Weiterbildungsbedarf in Sachen digitale Bildung. Es kamen zwar in fast allen Ländern auch digitale Lernplattformen zum Einsatz, von Angeboten, die Schüler selbst nutzen konnten, bis zu Echtzeitunterricht in virtuellen Klassenräumen. Für Deutschland aber verweist die OECD auf eine Erhebung aus dem Jahr 2018, wonach nur ein Drittel der Schüler eine Schule mit einer effektiven Onlineplattform besuchten - in Dänemark und Singapur waren es 90 Prozent. Für Kinder ohne viel Unterstützung zu Hause seien die Schulschließungen mit Lernverlusten einhergegangen, sagte OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher. Diese könnten das Lebenseinkommen um drei Prozent verringern.

© SZ vom 09.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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