Internationale Beziehungen:Trumps Twitter-Attacke

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Der Konflikt mit den USA verschärft sich. Nun hofft Merkel auf China und Indien. Doch die neuen Freunde aus Asien sind keine leichten Partner.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Die Auseinandersetzung zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump verschärft sich. Trump setzte am Dienstagmittag eine Kurznachricht ab, in der er die Bundesregierung offen angriff. "Wir haben ein massives Handelsdefizit mit Deutschland. Außerdem zahlen sie viel weniger als sie müssten für Nato und Verteidigung", twitterte er. "Das ist sehr schlecht für die USA. Das wird sich ändern."

Später versuchte sein Sprecher Sean Spicer, die Wogen zu glätten. Die USA sähen Deutschland als wichtigen Verbündeten. "Sie kommen sehr gut miteinander aus", ergänzte er mit Blick auf Trump und Merkel, "er hat großen Respekt vor ihr." Merkel präsentierte unterdessen Indiens Premier Narendra Modi als verlässlichen Partner. Mit Modi erläuterte sie im Kanzleramt den Ausbau der deutsch-indischen Beziehungen und dass beide Staaten gemeinsame globale Ziele verfolgten, etwa den Klimaschutz. Es wurde ein Deal für die Entwicklung abgeschlossen. "Wir geben in jedem Jahr eine Milliarde Euro", sagte Merkel. Es gehe um Themen wie Smart Cities, erneuerbare Energien und Solarindustrie. Zudem wurden Abkommen zur Kooperation in mehreren Bereichen unterzeichnet. Trump reagierte mit seiner Drohung offenbar auf Kritik, die Merkel am Sonntag geäußert hatte. Die als überzeugte Transatlantikerin bekannte Kanzlerin ließ erstmals Zweifel an der Zuverlässigkeit der USA laut werden. Sie hatte angesichts des enttäuschend verlaufenen G-7-Gipfels auf Sizilien gesagt: "Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei." Dies wurde als Distanzierung von Trump verstanden, sie fand weltweit Widerhall. Obwohl Merkel beim Auftritt mit Modi den Tweet des US-Präsidenten noch nicht gesehen haben konnte, bemühte sie sich, ihre Kritik vom Wochenende zu mildern. "Die transatlantischen Beziehungen sind für uns von herausragender Bedeutung, unabhängig davon, welche spezifischen Diskussionen es gibt", stellte sie klar. Sie ließ zugleich keine Zweifel, dass sie zuverlässige Verbündete suche, um weltweit Ziele wie Klimaschutz oder freien Handel durchzusetzen. Gute Beziehungen zu Indien oder China, dessen Premier Li Keqiang an diesem Mittwoch im Kanzleramt erwartet wird, seien aber "in keiner Weise gegen irgendwelche anderen Beziehungen gerichtet und schon gar nicht gegen die transatlantischen Beziehungen". Auch im Kanzleramt weiß man, dass die neuen Freunde aus Asien keine leichten Partner sind. Modi steht wegen Menschenrechtsverletzungen im Land in der Kritik. Unklar ist, ob er bei einem Ausstieg der USA aus dem Klimavertrag von Paris an der Vereinbarung festhält. Chinas Führung begegnet Berlin noch mit Misstrauen, was den Schutz geistigen Eigentums betrifft. Allerdings gilt auch: Will Merkel den G-20-Gipfel der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer im Juli erfolgreich bewältigen, braucht sie alle Partner, auch die USA.

© SZ vom 31.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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