Integration:Schwer für beide Seiten

Der Bundespräsident ruft die Deutschen zur Geduld auf. Bei der Integration der vielen Zugezogenen sei ein langer Atem nötig, sagte Gauck beim Bund der Vertriebenen. Gefragt seien Offenheit, Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit.

Die Integration von Flüchtlingen in Deutschland wird nach Ansicht von Bundespräsident Joachim Gauck noch Jahre dauern und Kraft kosten: "Wir brauchen einen langen Atem, damit jene, die bleiben wollen und dürfen, das Gefühl der Zugehörigkeit zu diesem Staat und der Loyalität ihm gegenüber entwickeln", sagte Gauck am Samstag in Berlin beim "Tag der Heimat" des Bundes der Vertriebenen. Aus eigener Erfahrung wüssten die Deutschen, dass es Zeit brauche, Flüchtlinge einzugliedern. "Wir beginnen aber erst allmählich zu erfassen, wie langandauernd und wie kräftezehrend auf beiden Seiten der Prozess der Eingliederung ist, wenn Einheimische und Ankömmlinge gänzlich anderen und unterschiedlichen Kulturen angehören."

Am Ende des Zweiten Weltkrieges im Mai 1945 und in den Nachkriegsjahren flohen 14 Millionen Deutsche aus ihrer Heimat oder wurden von dort vertrieben. Im Unterschied zu damals sei Deutschland für die Flüchtlinge von heute nicht das Vaterland, sondern werde in vielen Fällen nur zeitweiliges Gastland sein. Gauck warnte davor, die Risiken zu verschweigen: "Kein Land, das Schutzbedürftige aufnimmt, kann völlig ausschließen, dass sich unter die Fliehenden auch Personen mischen, die dem Aufnahmeland Schaden zufügen wollen oder die sich nach der Aufnahme radikalisieren." Das mache es heute für viele Menschen noch schwieriger als damals, wirklich Hilfsbedürftigen mit Offenheit und Empathie zu begegnen. Offenheit, Hilfsbereitschaft und Mitmenschlichkeit gegenüber Verfolgten, Vertriebenen und Entrechteten blieben das Markenzeichen Deutschlands: "Das wollen wir nicht, das werden wir nicht aufgeben."

© SZ vom 05.09.2016 / dpa/jkä - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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