Integration:Millionen, die keiner will

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Arbeit, der viel beschworene Schlüssel zur Integration: Flüchtling in einer bayrischen Lernwerkstatt. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Nur ein Bruchteil der Bundesgelder, die Flüchtlingen zu Arbeit verhelfen sollen, findet Abnehmer. Was das Programm gebracht hat, ist unbekannt.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Die von der Bundesregierung im Sommer 2016 ins Leben gerufenen "Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen" sind offenbar ein Misserfolg. Das geht aus der Antwort des Arbeitsministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Ekin Deligöz hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Demnach wird nur ein Bruchteil der bereitgestellten Mittel abgerufen.

Mit dem Programm sollen eigentlich bis zu sechsmonatige Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge bei staatlichen, kommunalen oder gemeinnützigen Trägern finanziert werden. Eine Milliarde Euro wollte die Bundesregierung ausgeben; es sollten Jobs für 100 000 Flüchtlinge im Jahr geschaffen werden. Die Resonanz allerdings blieb derart schwach, dass der Richtlinientext schon im Frühling 2017 geändert werden musste: Die Angabe "jährlich 100 000" wurde gestrichen.

Das Problem spiegelt sich auch in den Zahlen: Für 2016, das Jahr, in dem das Programm erst entwickelt werden musste, standen 75 Millionen Euro bereit - abgerufen wurden 283 000 Euro. Für 2017, das erste komplette Programmjahr, waren 300 Millionen Euro vorgesehen, es wurden aber nur 18,7 Millionen Euro verwendet. Die Bundesregierung verringerte daraufhin ihre Ziele; 60 Millionen Euro aber plante das Arbeitsministerium weiterhin für 2018 ein. Das Ergebnis: Abgerufen wurden 8,2 Millionen, gut 13 Prozent. Das allerdings hinderte das Ministerium nicht daran, für 2019 und 2020, die letzten beiden Programmjahre, abermals jeweils knapp 60 Millionen Euro einzuplanen. Nach Angaben von Deligöz wurde nur ein winziger Teil der Programmgelder inzwischen für andere Zwecke umgewidmet: 700 000 Euro für das laufende und 2,6 Millionen Euro für das kommende Jahr.

Wie viele Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge durch das Programm geschaffen wurden, kann das Ressort von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nach eigenen Angaben nicht sagen. Derartige "teilnehmerbezogene Daten" würden von der Bundesagentur für Arbeit nicht erfasst, heißt es in der Ministeriumsantwort. Die Haushaltspolitikerin Deligöz nennt es einen "absurden Vorgang", dass alljährlich nur ein minimaler Teil der bereitgestellten Programmgelder abgerufen werde.

"Es gibt zahlreiche geeignetere Maßnahmen, in denen die Finanzmittel viel besser zur Förderung von Geflüchteten eingesetzt werden können", sagte sie der SZ. "Am besten wäre es, schnellstmöglich hier einen Schlussstrich zu ziehen." Der Posten solle auch nicht als "kleine Reserveschatulle des Bundesarbeitsministeriums oder als holprige Quersubventionierung von Jobcenter-Verwaltungskosten" herhalten, so die Abgeordnete.

Mit Letzterem spielt Deligöz darauf an, dass die Jobcenter insgesamt mit Blick auf ihre Verwaltungskosten unterfinanziert sind und deshalb zum Teil Mittel, die eigentlich für die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt gedacht sind, für Verwaltungsausgaben verwenden müssen.

© SZ vom 06.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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