Der Bürgermeister von Hardheim in Baden-Württemberg, Volker Rohm (Freie Wähler), hat die Verhaltensempfehlungen für Flüchtlinge verteidigt, die die Stadt auf ihrer Webseite veröffentlicht hatte. Er habe damit deeskalieren und aufklären wollen, sagte Rohm am Donnerstag: "Vielleicht sind manche Sätze etwas hölzern oder abgehackt, aber meine Intention war es, Missverständnisse und Antipathien zu vermeiden."
Er selbst habe auf die Verhältnisse vor Ort reagieren wollen. "Vielleicht hätte ich auch statt Deutschland Hardheim schreiben sollen", sagt Rohm. Dennoch fühlt er sich zu Unrecht in die rechte Ecke gedrängt und verweist auf "extrem viele positive Reaktionen", die er in den vergangenen Stunden bekommen habe. Mehr als 20 000 Mal sei der Leitfaden angeklickt worden.
"Viele Menschen äußern sich positiv, dass mal jemand, der eben nicht aus der rechten Ecke kommt, Empfehlungen aus den Alltagserfahrungen der Helfer aufgeschrieben hat", sagt der Bürgermeister. Und betont, dass diese "eine Hilfe und keine Klage" sein sollen.
Die Notdurft nicht im Park verrichten
Die Verhaltensempfehlungen habe er aus einer Vorlage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von vor drei Wochen übernommen, wo es einen Formulierungsvorschlag zum Umgang mit Flüchtlingen gegeben habe. Diesen habe er dann um "Erfahrungen der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer vor Ort ergänzt", sagt der Bürgermeister.
Überschrieben sind die Benimmregeln, die in mehreren Sprachen übersetzt wurden, mit "Liebe fremde Frau, lieber fremder Mann!". Darin werden die Flüchtlinge willkommen geheißen. Es folgen banale Belehrungen: "Deutschland ist ein sauberes Land und das soll es bleiben!", heißt es etwa. Und wenn man öffentliche Toiletten benutze, "ist es hier zu Lande üblich, diese sauber zu hinterlassen". Auch solle man Ware im Supermarkt bezahlen, bevor man sie aufmacht. Und: "Unsere Notdurft verrichten wir ausschließlich auf Toiletten, nicht in Gärten und Parks, auch nicht an Hecken und hinter Büschen."
Lesen Sie hier eine Reportage über die Gemeinde Hardheim mit SZ Plus.
Flüchtlinge:Hilfe
Hardheim in Baden-Württemberg hat 4600 Einwohner - und 1000 Flüchtlinge. Über einen Ort, der sich trotz der vielen Menschen sehr alleingelassen fühlt.
Die Hardheimer Benimmregeln sorgen deutschlandweit für Kritik. Angelika von Loeper, Vorsitzende des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg, sieht in dem Dokument eine Aneinanderreihung von Vorurteilen. Es trage keineswegs dazu bei, die Ängste der Bürger abzubauen. "Ich halte das für einen falschen Ansatz und hochproblematisch", sagt sie. "Das nährt meiner Ansicht nach rassistische Tendenzen."
Auch in den sozialen Medien werden die Empfehlungen kontrovers diskutiert. Auf Twitter kritisieren viele Nutzer, dass Flüchtlinge darin zu Regeln ermahnt werden, an die sich auch viele Deutsche nicht halten. Gerade auf Massenveranstaltungen wie dem Oktoberfest fielen die einfachsten Benimmregeln häufig unter den Tisch.
So schreibt etwa diese Twitter-Nutzerin:
Ähnlich sieht das auch dieser Journalist, der selbst nicht immer alle Regeln einhält.
Nicht alle Reaktionen sind negativ
Doch nicht alle Reaktionen sind ablehnend. Die Benimmregeln seien "im Grunde gut gemeint und auch sinnvoll im Interesse der Flüchtlinge", sagt der evangelische Pfarrer von Hardheim, Markus Keller. Allerdings hält auch er manche Formulierungen für "wenig gelungen und klischeehaft."
"Mir ist nicht bekannt, dass die Flüchtlinge ihre Notdurft im Park verrichten", sagt Keller beispielweise. Allerdings sei der Hinweis auch nicht schlecht. "Ich habe auch schon gehört, dass manche Flüchtlinge nicht wissen, dass man das Toilettenpapier ins WC schmeißt. Stattdessen werfen sie es in den Mülleimer nebenan", sagt Keller.
Auch der Bundestagsabgeordnete und Bezirksvorsitzende der CDU Württemberg-Hohenzollern, Thomas Bareiß, findet den Vorstoß der Gemeinde richtig. "Wenn Flüchtlinge nach Deutschland kommen, müssen sie sich an unsere Regeln halten. Hardheim sollte ein Beispiel für ganz Baden-Württemberg sein".