Harry und Meghan:All we need is love

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Im Mai heiratet Harry seine Meghan. Millionen Fans feiern schon jetzt Verlobungspartys und Junggesellenabschiede - nicht die eigenen, sondern die ihrer Idole. Besorgte Psychologen warnen deshalb vor einer "Obsession".

Von Cathrin Kahlweit

Die Queen ist am Samstag 92 geworden und hat ein Geburtstagskonzert in der Royal Albert Hall geschenkt bekommen. Die BBC übertrug zur besten Sendezeit, und Teile der königlichen Familie waren da. Teile der königlichen Familie? Also auch Prinz Harry und seine Braut? Einzig diese Frage ist es, die Millionen Fans elektrisiert: Wo zeigen sich die beiden, wo kann man jubeln? Gruppen wie "Mad about Meghan" (verrückt nach Meghan) bilden sich zu solchen Anlässen, und die Welt der sozialen Netzwerke steht kopf.

Die traurige Wahrheit für die anderen Windsors ist: Kein Mitglied der Familie ist derzeit so beliebt wie Harry, der am 19. Mai die US-Schauspielerin Meghan Markle heiraten will. Denn an diesem Tag wird ein doppeltes Märchen wahr: "Die Schöne und der Prinz" sowie die US-Aufstiegssaga "Als Tochter einer alleinerziehenden, schwarzen Mutter über Hollywood nach Windsor". Wenn das Paar gemeinsam auftritt, kennt die Menge kein Halten mehr.

In Cardiff, kurz nach der Verlobung, flippten Passanten aus, umarmten, küssten die Braut. In Nottingham wurde eine Reporterin des Senders ITV völlig hysterisch. Live auf Sendung kreischte sie: "Komm her, Harry, lass dich von mir wärmen" und "Meghan, wir wollen Liebe von dir". Millionen Fans feiern Verlobungspartys, Junggesellenabschiede, Hochzeitspartys - nicht die eigenen, sondern die ihrer beiden Idole.

Psychologen warnen vor "seelische Schäden"

Besorgte Psychologen warnen schon davor, dass eine "Obsession", eine wahnhafte Hingabe an Harry und Meghan "seelische Schäden" auslösen könne. Die Daily Mail zitiert die US-Psychiaterin Sue Varma, die vor allem um die psychische Gesundheit weiblicher Fans fürchtet. Denn als Star der TV-Serie "Suits" ist Markle auch Vorbild und "Influencerin"; Fans wollen Kleider tragen wie ihre und so sein wie sie. Es gebe daher, so Varma, eine dunkle Seite der aktuellen Begeisterung: Menschen würden in eine "Fantasiewelt" katapultiert und seien mit ihrem eigenen Leben so unzufrieden, dass sie Selbsthass entwickelten oder zu Schönheitschirurgen liefen, um wie Meghan auszusehen.

Die angesehene britische Psychotherapeutin Naomi Goode sieht das gelassener. Sie hält das Leben in einer Fantasiewelt für ein harmloses Vergnügen, solange es nicht zu dauerhaftem Realitätsverlust führt: Es sei doch sicher schöner, merkt sie trocken an, sich in die Welt eines Hollywood-Starlets hineinzuträumen, die einen Königssohn heiratet, als sich über Trump oder Syrien zu erregen. Gefährlich werde es allerdings, wenn das Ideal zur Idealisierung werde und man sich zu sehr mit einer Person identifiziere, sie besitzen, sie ganz einnehmen wolle, wie es bei Stalkern oft der Fall sei. Goode setzt darauf, dass die größte Hysterie nach der Hochzeit wieder abflauen wird.

Einem wie Joe Little, dem Chef des Fachblattes Majesty, gefällt der Hype, er lebt ja von solcher Euphorie. Bei der letzten großen Hochzeit im Hause Windsor 2011, als William, der übernächste König, seine Kate heiratete, seien die sozialen Medien noch nicht so allgegenwärtig gewesen, sagt er. Diesmal sei es extrem. Sicher gebe es Einzelfälle, in denen Begeisterung ins Wahnhafte kippe, räumt er ein, aber er klingt nicht sehr besorgt: Diese Hochzeit sei doch vor allem tolle Werbung für sein Land.

© SZ vom 23.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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