Hubertus Heil:"Nicht mehr als 30 Prozent"

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Das Arbeitsministerium rudert beim Thema Hartz-IV-Kürzungen zurück. Ein Entwurf für eine Weisung hatte stärkere Sanktionen vorgesehen - trotz eines Karlsruher Urteils.

Die Leistungen für Hartz-IV-Empfänger sollen künftig als Sanktion innerhalb eines Monats nicht um mehr als 30 Prozent gekürzt werden dürfen. Eine entsprechende Weisung werde bis zum Freitag vom Bundesarbeitsministerium mit der Bundesagentur für Arbeit erarbeitet, sagte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch in Berlin. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Anfang November, nach dem Kürzungen des Hartz-IV-Satzes von mehr als 30 Prozent als Sanktion unzulässig sind.

Die Süddeutsche Zeitung hatte am Mittwoch über einen Entwurf für eine Weisung an die Jobcenter berichtet, wonach höhere Kürzungen möglich gewesen wären. Darin ist zu lesen, dass bei "kumulativer Verletzung von Pflichten" die Minderungsbeträge "in Überschneidungsmonaten addiert" werden. In einer Beispielrechnung wird die Sanktion von 30 Prozent wegen der Ablehnung eines Jobangebots mit einer zehnprozentigen Sanktion wegen eines Meldeversäumnisses addiert. Aus Sicht des Erwerbslosenvereins Tacheles wäre damit das vom Verfassungsgericht begrenzte Sanktionsregime durch die Hintertür wieder eingeführt. "Wir verurteilen diesen Versuch der Ausweitung von Sanktionen aufs Schärfste", sagte Geschäftsführer Harald Thomé.

Am Donnerstag ruderte das Ministerium zurück und erklärte: "Der Arbeitsminister schließt aus, dass künftig innerhalb eines Monats mehr als 30 Prozent sanktioniert werden darf." Diese Aussage werde getroffen, damit es in der öffentlichen Diskussion nicht "zu weiteren Missverständnissen" komme.

Der Entwurf der Weisung werde vorher nicht veröffentlicht, teilte das Ministerium weiter mit, sie soll am Freitag fertig sein. Karlsruhe hatte am 5. November die Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger teilweise gekippt. Leistungskürzungen von 60 oder 100 Prozent seien unverhältnismäßig und verletzten das vom Staat zu gewährende menschenwürdige Existenzminimum, entschied das höchste deutsche Gericht in einem Grundsatzurteil. Bis zur erforderlichen Gesetzesänderung gilt eine Übergangsregelung. Sie war allgemein so verstanden worden, dass die Jobcenter das Arbeitslosengeld II ab sofort nicht mehr um mehr als 30 Prozent kürzen dürfen. Mit den Zehn-Prozent-Sanktionen wegen versäumter Termine hatte sich das Gericht nicht ausdrücklich befasst.

© SZ vom 28.11.2019 / SZ, epd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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