Hoteldirektorin:"Empathie und Image völlig egal"

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Margaux Paulin Steiger führt den "Sebnitzer Hof" in zweiter Generation. Ihr Sohn, geboren 2015, wird sie nach derzeitiger Schätzung frühestens 2035 ablösen können. (Foto: oh)

Ende Juni besuchte Bundespräsident Gauck das sächsische Sebnitz und wurde bepöbelt. Was macht das mit dem Urlaubsort?

Interview von Cornelius Pollmer

Die Hoteldirektorin Margaux Steiger, 25, über Pöbler mit Trillerpfeifen, touristische Folgen und die Hoffnung auf Versöhnung.

SZ: Frau Steiger, Ende Juni besuchte Bundespräsident Gauck Sebnitz und wurde beschimpft. Was ist danach passiert?

Margaux Steiger: Wir waren ein paar Tage im Krisenmodus. Es gab Anrufe und konkrete Stornierungen schon Stunden nach dem Vorfall. Das hat sich zum Glück gelegt.

Das Gebrüll hat nicht gerade Lust auf Urlaub in Sebnitz gemacht.

Der Tag mit Herrn Gauck sollte unser Höhepunkt werden, wir hatten den Deutschen Wandertag zu Gast und wollten uns in den Fokus der Wanderwelt bringen. Sebnitz ist wirklich ein toller Ort, um Urlaub zu machen, das werde ich immer wieder sagen. Aber es ist eben schwer, gegen Trillerpfeifen anzukommen, wenn man zivilisiert sein will, was die anderen ja nicht sind.

Sie haben nach dem Vorfall gefordert, dass sich mehr Menschen gegen Pöbler positionieren müssten. Funktioniert das?

Viele haben sich bei uns gemeldet und gefragt: Was können wir machen, um das zu unterstützen? Ich verstehe aber, dass nicht jeder bereit ist, so klar Position zu beziehen.

Wieso?

Die Reaktionen auf meinen Appell waren überwiegend positiv, aber ich habe auch Briefe aus ganz Sachsen bekommen, in denen standen jetzt nicht nur freundliche Sachen drin. Es gehört vielleicht ein bisschen Mut dazu, sich in den Wind zu stellen. Und es gibt welche, die engagieren sich lieber im Stillen. Die Mischung macht's.

Nach dem Gauck-Besuch sind Sie zu einer Tourismus-Messe gefahren. Wie lief's?

Die Leute sind am Sachsen-Stand vorbeigelaufen ohne einen Blick zu verschwenden. Wir fahren seit Jahren nach Köln, es ist die wichtigste Leitmesse für Bustouristik. Und man muss sagen, dass Dresden und Sachsen gerade nicht als attraktive Ziele wahrgenommen werden. Menschen wünschen sich Harmonie, besonders im Urlaub, sie wollen sich mit Positivem umgeben.

Hat Sachsen sich diese Außenwahrnehmung nicht selbst eingebrockt?

Definitiv ja. Mitgefühl sollte unser Handeln bestimmen, das vermisse ich hier schon bei einigen. Ich glaube auch, dass den Leuten, die sich da hinstellen und pöbeln, Empathie und Image komplett egal sind. Die freuen sich teilweise noch, wenn sie laut sind und dann alle hinschauen.

Wird wieder?

Meine evangelische Erziehung lässt mich hoffen, dass die Versöhnung gewinnt, ethisches Handeln wieder bedeutsamer wird und dass wir alle differenziert miteinander sprechen können. Aber von der Gefühlslage her bin ich gerade nicht so optimistisch.

© SZ vom 15.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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