Schlag gegen Opposition:Massenverhaftung in Hongkong

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Hongkongs Polizei-Superindendent Steve Li Kwai-Wah gab die Verhaftung der Aktivisten bei einer Pressekonferenz bekannt. (Foto: Anthony Wallace/AFP)

Wegen "bösartiger Umsturzpläne" hat die Polizei frühere Abgeordnete und andere Aktivisten festgenommen. Der designierte neue US-Außenminister Antony Blinken kritisiert China dafür deutlich.

Von Lea Deuber, Peking

Die Polizei in Hongkong hat am Mittwoch mehr als 50 prodemokratische Aktivisten verhaftet. Es ist der bisher heftigste Schlag gegen die Opposition seit Einführung des Sicherheitsgesetzes im Juni. Er steht im Zusammenhang mit den inoffiziellen Vorwahlen, die Aktivisten im vergangenen Juli vor der ursprünglich für September angesetzten Parlamentswahl abgehalten hatten. Die Wahl wurde später unter dem Vorwand der Pandemie auf unbestimmte Zeit verschoben. Den Festgenommenen werden Staatsgefährdung und Verstoß gegen das Ende Juni in Kraft getretene Staatssicherheitsgesetz vorgeworfen.

Unter den Festgesetzten sind ehemalige Abgeordnete wie Lam Cheuk-ting, Andrew Wan, Alvin Yeung sowie der bekannte Aktivist Benny Tai. Zudem wurde die Wohnung des Aktivisten Joshua Wong durchsucht, der bereits wegen der illegalen Organisation eines Protests im Gefängnis sitzt.

Das demokratische Lager hatte die Vorwahlen im Juli mit dem Ziel organisiert, Kandidaten zu ernennen, die einen möglichst großen Rückhalt in der Bevölkerung genießen. Rund 600000 Menschen hatten sich beteiligt, fast jeder zehnte Hongkonger. Ein Ziel der Opposition war es damals, mit einer starken Fraktion im Parlament wichtige Entscheidungen der Regierung zu blockieren.

Diese Strategie bezeichnete die Hongkonger Regierung am Mittwoch als "bösartige Umsturzpläne". Seit Monaten geht die Regierung gegen Aktivisten, Abgeordnete und Journalisten vor. Gleich mehrere bekannte Gesichter der Protestbewegung waren wegen verhältnismäßig geringer Vergehen zu Gefängnisstrafen verurteilt worden.

Kritik am Investitionsabkommen der EU mit China

Amnesty International erklärte am Mittwoch, die Festnahmen zeigten, wie weitreichend das Sicherheitsgesetz angewandt werden könne, auch wenn keine echte Bedrohung der nationalen Sicherheit vorliege. Aktivisten und Abgeordnete wegen "Staatsgefährdung" anzuklagen, weil sie eine informelle Vorwahl abhielten, "ist ein offener Angriff auf ihre Rechte auf Meinungsäußerung und Versammlung".

Auch international stieß das Vorgehen auf Kritik. Der designierte neue Außenminister der USA, Antony Blinken, sprach von einem "Angriff auf jene, die mutig für universelle Rechte eintreten". Der Kandidat für den CDU-Vorsitz Norbert Röttgen schrieb unter Hinweis auf die Einigung auf ein Investitionsabkommen vergangene Woche auf Twitter, die EU dürfe Chinas "Methoden, inklusive Vertragsbruch und Unterdrückung, nicht ignorieren".

Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestages, Gyde Jensen (FDP) kritisierte ebenfalls die EU und die deutsche Ratspräsidentschaft dafür, "um jeden Preis" das Investitionsabkommen durchverhandelt zu haben, während Peking in Hongkong "Völkerrecht bricht". Es habe ein Signal der Gleichgültigkeit gesendet, das Peking gerne angenommen habe.

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