Homo-Ehe:Mehr als ein Liebespaar

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Alltag nach der Homo-Heirat

Cathrin Kahlweit

(SZ vom 18.07.2002) - Der Tag, an dem das Bundesverfassungsgericht über das Gesetz zur gleichgeschlechtlichen Partnerschaft entschied, war auch in Großalmerode ein wichtiger Tag. In ihrem Haus am Rande des Dorfes im Nordhessischen saßen Wolfgang Gleitz und Herbert Dubrow mit Freunden zusammen und warteten auf das Urteil.

Schließlich wollten sie wissen, ob sie vor einem Dreivierteljahr umsonst geheiratet hatten. Nicht, dass sich mit der Heirat für sie und ihren Alltag, für die Nachbarn und die Dorfbewohner viel geändert hätte - der Schauspieler und der inzwischen pensionierte Universitäts-Dozent sind seit 20 Jahren ein Paar, und in Großalmerode regt das niemanden mehr auf. "Hier ist es interessanter, wenn eine Bäuerin ein uneheliches Kind kriegt", sagt Herbert Dubrow.

Aber die beiden Herren im fortgeschrittenen Alter (Gleitz ist 65, Dubrow 71) hatten lange auf die Erlaubnis zur Eheschließung gewartet. Sie wollten gleiche Rechte und Pflichten wie andere Ehepaare und auch gleiche Sicherheiten. Und so war die Erleichterung darüber groß, dass der 12. Oktober 2001, der Tag ihrer Hochzeit, nicht umsonst gewesen war.

Wahnsinnig romantisch

Das Göttinger Standesamt hatte sich schnell auf die neue Kundschaft eingestellt, nachdem am 1. August 2001 das Gesetz in Kraft getreten war, das homosexuellen Paaren die Heirat erlaubt. Vor der Tür des Rathaussaales hing ein Schild, das auch gleichgeschlechtliche Lebenspartner zur Eheschließung willkommen hieß, die Standesbeamtin trug zur Feier des Tages Pink. "Gut möglich, dass ich mich manchmal verspreche", sagte sie, das sei nämlich ihre erste Trauung dieser Art, und sie sei ziemlich aufgeregt.

Die Hochzeit wurde dann sehr schön - und wahnsinnig romantisch. Eigentlich hatten sich die beiden darauf geeinigt, keine Ringe zu tauschen, aber dann zog Herbert Dubrow überraschend zwei Eheringe aus der Tasche. Wolfgang Gleitz war gerührt.

Und weil vorher ein heterosexuelles Paar geheiratet hatte, für das tausend rote Rosen auf der Treppe verstreut worden waren, verließ das frisch getraute, homosexuelle Paar das Göttinger Rathaus auf einem Teppich von Blütenblättern.

Seither hat sich im Grunde nicht viel geändert. Die beiden tragen keinen gemeinsamen Namen, denn nach so vielen Jahren wollten sie sich nicht mehr an einen neuen gewöhnen müssen. Das Haus mit dem schönen Garten auf einem Hügel über dem Dorf besitzen sie gemeinsam, und gemeinsam haben sie sich auch fürs Altersheim in Göttingen angemeldet. In vier Jahren wollen sie dort hinziehen, "hier kann uns ja niemand pflegen".

Der Hausarzt und die Versicherungen haben die Eheurkunde in Kopie, für den Fall, dass einem der beiden etwas passiert und er ins Krankenhaus eingeliefert wird, tragen die beiden ebenfalls eine Kopie bei sich.

Einen Ehevertrag fand das Paar unnötig, steuerrechtliche Regelungen wurden vom Gesetzgeber zum Leidwesen der beiden ausgespart, und so war die Eintragung dieser gleichgeschlechtlichen Partnerschaft vor allem ein Zeichen für sie selbst.

Inzwischen hat sich überall in Großalmerode herumgesprochen, dass die beiden Dorfbewohner Herbert Dubrow und Wolfgang Gleitz jetzt mehr als ein Liebespaar sind. Erst kürzlich kam ein Hühnerzüchter aus der Nachbarschaft vorbei und druckste herum. Er wolle gratulieren. Erst wusste Herbert Dubrow gar nicht so recht, wozu. Dann sagte der Nachbar, er meine die Hochzeit. "Ich habe das erst gestern gehört. Viel Glück."

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