Hohe Beteiligung bei Parlamentswahl:Libyer feiern ihre erste freie Wahl wie ein Volksfest

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Schlange stehen für die Demokratie: In 94 Prozent der Wahlbezirke ist die erste freie Parlamentswahl in Libyen laut Übergangsregierung "ausgezeichnet", vielerorts verwandeln ausgelassene Bürger die Veranstaltung in ein Fest. Im Osten des Landes mussten jedoch mehrere Wahllokale nach Angriffen geschlossen werden.

In Libyen haben die ersten demokratischen Parlamentswahlen begonnen. In vielen Wahllokalen gleicht die erste landesweite Wahl nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi einem Fest: Die Menschen stoßen Freudenlaute aus und verteilen Schokolade, viele machen das Victory-Zeichen. Nur in einigen östlichen Städten gab es Störversuche von Anhängern der Föderalismusbewegung und Sympathisanten des alten Regimes.

Bereits am frühen Morgen bildeten sich vor vielen Wahllokalen lange Schlangen, wie hier in Tripolis. (Foto: dpa)

Etwa 2,7 Millionen Wahlberechtigte haben sich auf die Liste zur Stimmabgabe setzen lassen. Der Allgemeine Nationalkongress löst den Übergangsrat ab, den Funktionäre und Aktivisten während der Revolution informell gebildet hatten. Die Abgeordneten sollen eine Übergangsregierung ernennen und die Wahl eines Verfassungsrates für Libyen vorbereiten.

Das Nachrichtenportal Qurayna meldete, in Gaminis, 45 Kilometer westlich von Bengasi, seien drei Wahllokale verwüstet worden. Bereits am Freitag hatten Gegner des Urnengangs einen Hubschrauber der Wahlkommission in Bengasi beschossen. Nach Angaben eines Regierungssprechers starb dabei ein Mitarbeiter der Kommission. Zuvor hatten Demonstranten mehrere Öl-Terminals besetzt. In Adschdabija, wo es während der Revolution im vergangenen Jahr monatelang heftige Kämpfe gegeben hatte, wurden Wahlunterlagen verbrannt.

Der Vorsitzende der Wahlkommission, Nuri al-Abbar, betonte jedoch vor Pressevertretern in Tripolis, in 94 Prozent der Bezirke sei die Wahl normal abgelaufen. Der Vorsitzende des Übergangsrates, Mustapha Abdeldschalil, sagte bei der Stimmabgabe in Baida, die Lage sei "ausgezeichnet".

Wahllokale schließen um 20 Uhr

Die Wahllokale sollen bis 20 Uhr mitteleuropäischer Zeit geöffnet bleiben. Mit Ergebnissen rechnet die Wahlkommission "ab Montag oder Dienstag".

Nach einem komplizierten Proporzverfahren werden insgesamt 200 Mandate vergeben, für die sich mehr als 3700 Kandidaten bewerben. Das Parlament soll eine neue Regierung benennen und die Wahl einer 60-köpfigen Verfassungskommission vorbereiten.

Das nordafrikanische Land war mehr als vier Jahrzehnte lang von Muammar al-Gaddafi autoritär regiert worden. Gaddafi wurde nach einem Aufstand im vergangenen Jahr auf der Flucht getötet. Ähnlich wie in Tunesien und Ägypten dürften Experten zufolge auch in Libyen vor allem islamistische Parteien bei der Wahl zum Zuge kommen.

© dpa/AFP/kat - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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