Hobbygärtner:Warmer Regen

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Handel und Industrie verdienen exzellent an Hightech im Garten.

Von Titus Arnu

Geht dieser Winter direkt in den Sommer über? Gerade war noch Schneechaos, nun herrschen schon Temperaturen bis zu 15 Grad. Auf der Wetterkarte sind nur Sonnen zu sehen, nirgendwo Regenwolken. Hobbygärtner scharren mit den Hufen und planen das Gartenjahr. Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt? Das war einmal, heutzutage programmieren Gartenbesitzer schon im Februar ihre computergesteuerten Bewässerungssysteme und justieren den Arbeitsbereich des Mähroboters neu.

In den Bau- und Gartenmärkten räumen Mitarbeiter die Schneeschaufeln weg und dekorieren um auf Frühling - Narzissen, Hyazinthen, Rasenroboter und Bewässerungscomputer. Pflanzen sind ja von Natur aus ein Wachstumsmarkt, aber besonders stark wächst gerade das Geschäft mit smarten Berieselungssystemen. Der moderne Gartenbesitzer verlegt Pipelines, installiert Sprinkler in Beeten, "Turbinen-Versenkregner" im Rasen und "Micro-Drip-Systeme" in der Hecke. Gießkannen zu den Gemüsebeeten schleppen - das scheint altmodisch und ineffektiv zu sein, wenn man der Werbung der grünen Branche glaubt.

Der Jahrhundertsommer 2018 hat viel Geld in die Kassen der Gartenbauindustrie gespült. "Produkte aus dem Segment Gartenbewässerung erreichten gegenüber dem Vorjahr ein Umsatzplus von etwa acht Prozent", sagt Stefan Pohl vom Industrieverband Garten in Düsseldorf. Das klingt recht trocken, wenn man bedenkt, dass die Hitze für einen Rekordumsatz von 18,5 Milliarden Euro gesorgt hat - auch durch Smart-Gardening-Produkte. Dass der Frühling so niederschlagsarm beginnt, kurbelt den Verkauf von schlauen Gartengeräten weiter an: "Durch trockene und heiße Wetterperioden steigt besonders im Bewässerungssegment die Nachfrage deutlich", sagt Pohl.

Manche Anwender sind bereits mit einer Zeitschaltuhr am Wasserhahn oder einem funkferngesteuerten Ventil für den Sprinkler zufrieden, andere lassen sich eine Komplettsteuerung ins Grundstück implantieren. Fortgeschrittene Digitalgärtner gießen ihr Salatbeet per App vom Sofa aus. Sensoren messen Bodenfeuchtigkeit, Lichteinstrahlung und Temperatur im Garten, die Anlage reagiert auf Schwankungen. Computergesteuerte Systeme greifen auf Wetterdaten aus dem Internet zurück.

"Automatische Bewässerungssysteme sind eine Glaubensfrage", sagt der Gartenarchitekt Alexander Koch vom Büro Koch + Koch im bayerischen Pähl. Die Bewässerung von Pflanzen sei eine so komplexe Angelegenheit, dass man sie nicht komplett automatisieren könne. "Wenn man es richtig machen will, dann sollte man wässern wie die Natur", empfiehlt er, "alles einmal richtig unter Wasser setzen, dann wieder fünf Tage nicht gießen." Er wässert seinen eigenen Garten nur, wenn Pflanzen Ausfallerscheinungen haben und die Blätter hängen lassen. Ansonsten überlässt er Büsche, Wiesen und Bäume sich selbst. In Trockenperioden suchen sich die Pflanzen dann selbst Wasser und gehen mit ihren Wurzeln tiefer, das macht sie insgesamt stabiler. Ohne den regelmäßigen Service einer Berieselungsanlage funktioniere das besser, sagt Alexander Koch: "Man muss die Pflanzen regelrecht erziehen."

© SZ vom 25.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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