Hessen:"Die Wahlkampfkasse ist leer"

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Verschärfte Bedingungen: Vor der Neuwahl in Hessen kämpfen die Parteien nicht nur gegeneinander - sondern auch mit leeren Kassen. Nur die Grünen können noch in ihren "Sparstrumpf" greifen.

Birgit Kruse

Roland Koch lässt keine Gelegenheit aus, Wahlkampf zu machen. Die Zeit ist knapp bis zu den Neuwahlen im Januar. Der hessische Landtag hat noch nicht einmal die Selbstauflösung beschlossen, schon schmettert der CDU-Mann vom Rednerpult aus erste Wahlkampfparolen ins Plenum: In einer mit Zahlen gespickten Kurzanalyse der hessischen Autobranche und Fachausdrücken des Finanzlebens macht er klar: Mit seiner Wirtschaftskompetenz will er seine Wähler überzeugen.

Neuwahl in Hessen: Im Januar entscheidet sich, wer im Wiesbadener Landtag künftig das Sagen hat. (Foto: Foto: dpa)

Doch wie viel die Wähler von der neuen Strategie der Partei im Wahlkampf mitbekommen werden, steht auf einem anderen Blatt. In den wenigen Wochen bis zur Wahl wird in Hessen alles etwas anders sein. Denn die Wahlkampfkassen der hessischen Parteien sind diesmal nicht so prall gefüllt wie sonst. Der Grund: Wegen der vorgezogenen Neuwahlen habe man nur ein Jahr anstatt einer gesamten Legislaturperiode von fünf Jahren Zeit gehabt, Geld zu sammeln.

Bei der CDU in Hessen "ist die Wahlkampfkasse leer", heißt es aus der Parteizentrale. Während man bei der letzten Wahl noch etwa zwei Millionen Euro für Plakate, Flugblätter, Veranstaltungen und andere Werbemaßnahmen zur Verfügung hatte, werde es diesmal "deutlich weniger", sagte die Parteisprecherin Heike Dederer zu sueddeutsche.de. "Mit uns wird es keine Materialschlacht geben." Derzeit befinde man sich "noch in der Planung".

"Wir sind der Meinung, wir kommen gut hin"

Wie offenbar auch die SPD: Auch wenn die Partei Medienberichten zufolge noch keine genauen Angaben über ihr Wahlkampfbudget machen kann. Klar ist, dass sie deutlich weniger als die zwei Millionen Euro zur Verfügung haben wird wie noch vor einem Jahr.

Auch bei den Liberalen wird bei der Wahlkampfplanung schon mal der Rotstift angesetzt. Laut Parteisprecherin Dagmar Döring hat die hessische FDP statt der 550.000 Euro diesmal nur noch 400.000 Euro zur Verfügung. So werde es vor Weihnachten noch keinen "groß angelegten Wahlkampf geben", sagt sie und fügt hinzu, dass man jedoch durchaus mit dem einen oder anderen Großplakat oder mit Infoständen rechnen könne. Für die Zeit nach den Feiertagen verspricht sie schon mal: "Es wird ein ordentlich geführter Wahlkampf werden" - auch medial.

Wie genau das Konzept aussehen wird, ist indes noch unklar. "Wir sind noch nicht ganz am Ende der Planung", sagt sie. Erst am Samstag werde der Landesvorstand die endgültige Kampagne beraten und abstimmen.

Auch wenn die FDP diesmal mit etwa 150.000 Euro weniger auskommen muss. Die Linken würden sich über dieses Budget sicherlich freuen. Schon vor der letzten Wahl gab sich die Partei mit etwa 230.000 Euro besonders bescheiden. Diesmal könnte es Berichten zufolge noch geringer ausfallen. Mehr als Straßenwahlkampf wird dann vermutlich nicht mehr drin sein.

Wenige Sorgen machen sich indes die Grünen. "Unsere Kassen sind nicht leer", sagt Schatzmeister Jochen Ruoff zu sueddeutsche.de. Denn seine Partei kann auf ein "sehr komplexes aber sehr effektives" Rücklagesystem zurückgreifen, erklärt er. Man könne sich das System wie einen "großen Sparstrumpf mit mehreren Abteilungen" vorstellen. So könne sich die Partei nun quasi Geld von sich selbst leihen.

Auch wenn das Problem der Wahlkampffinanzierung aus Sicht von Ruoff "überschaubar" und "in den Griff zu bekommen" ist. In Geld schwimme die Partei dennoch nicht.

Konnten die Grünen vor gut einem Jahr allein etwa 420.000 Euro an Landesmittel in den Wahlkampf investieren - hinzu kommen noch Spenden und Investitionen der Kreisverbände - muss diesmal etwas gespart werden. Der Schatzmeister rechnet damit, etwa 200.000 Euro an Landesmittel aus dem Sparstrumpf zur Verfügung zu haben. "Wir sind der Meinung, wir kommen damit gut hin" - auch wenn man in diesem Wahlkampf "auf Sicht fliegen muss".

Eine große Materialschlacht wird man von den Grünen also nicht erwarten können - trotz ausgeklügeltem Finanzierungssystem. Zudem habe man den anderen Parteien den Vorschlag gemacht, zumindest vor Weihnachten auf die Plakatierung zu verzichten, heißt es aus der Parteizentrale.

Wie die anderen den Vorschlag finden, ist unklar. Derzeit habe man noch nicht von allen eine Rückmeldung bekommen. Wer weiß: Vielleicht sind die politischen Gegner derzeit noch mit dem Kassensturz beschäftigt.

Doch egal wie voll oder leer die Wahlkampftöpfe auch gefüllt sein mögen, entmutigen lässt sich davon keiner. Im Gegenteil: Jetzt werde man eben die Mitglieder anschreiben - und den Kuverts schon mal eine Spendenaufforderung beilegen.

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