Haushaltsstreit in den USA:Obama sagt Asienreise ab

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Republikaner und Demokraten bleiben zerstritten: Noch immer ist im US-Haushaltsstreit keine Lösung in Sicht. US-Präsident Obama sagt deshalb eine Reise nach Asien ab. Das Finanzministerium warnt vor einer Rezession - möglicherweise der schwersten seit dem Zweiten Weltkrieg.

Wegen des US-Haushaltsstreits hat US-Präsident Barack Obama seine ab dem Wochenende geplante Asien-Reise abgesagt. Obama werde weder am Gipfel der asiatisch-pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft APEC in Bali noch am ostasiatischen Gipfel in Brunei teilnehmen, teilte das Weiße Haus am Freitag mit. An seiner Stelle werde US-Außenminister John Kerry reisen. Zur Begründung erklärte das Weiße Haus, der US-Präsident wolle weiterhin für ein sofortiges Ende des Haushaltsnotstands kämpfen. Die im Anschluss geplanten Reisen nach Malaysia und auf die Philippinen hatte Obama schon vorher abgesagt.

Seit der Nacht zum Dienstag stehen in den USA weite Teile der Bundesverwaltung still, weil sich der Kongress nicht auf ein Budget für das am 1. Oktober begonnene Fiskaljahr 2014 einigen konnte. Das Repräsentantenhaus verknüpfte seine Etatentwürfe mit dem Schicksal der bei Konservativen verhassten Gesundheitsreform, Obamas Demokraten schmetterten die Vorlagen im Senat ab.

Wegen des Haushaltsnotstands mussten Hunderttausende Staatsbedienstete in unbezahlten Zwangsurlaub gehen. Behörden und Ministerien arbeiten auf Sparflamme, Museen und Nationalparks sind geschlossen. Ein Kompromiss im Streit war auch am Donnerstag nicht in Sicht.

Warnung vor heftiger Rezession

Wegen des festgefahrenen Streits warnt die US-Regierung vor schweren weltwirtschaftlichen Folgen. Sollte der Kongress das Schuldenlimit wegen des Streits nicht rechtzeitig erhöhen, könnte es zur größten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg kommen, hieß es am Donnerstag aus dem US-Finanzministerium in Washington. Das Finanzministerium stellte in einem Bericht die potenziell "katastrophalen" Auswirkungen einer Zahlungsunfähigkeit dar. Sie könnten schlimmer sein als in der Finanzkrise 2008. "Kreditmärkte könnten einfrieren, der Wert des Dollars könnte taumeln und US-Zinsen könnten in den Himmel schießen." Selbst bis zur letzten Minute mit einer Erhöhung zu warten, sei schlecht für die Wirtschaft.

US-Präsident sagt wegen des Haushaltsstreits seine Asienreise ab. (Foto: Reuters)

Die Schuldenobergrenze muss nach Regierungsangaben bis zum 17. Oktober erhöht werden. Sonst droht den USA die Zahlungsunfähigkeit. "Die Folgen der Zahlungsunfähigkeit wären katastrophal", sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney.

"Die ganze Welt würde Probleme bekommen", sagte auch US-Präsident Barack Obama. "Wenn wir das vermasseln, vermasseln wir es für jeden." Auch die Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, warnte vor ernsten Schäden für die globale Konjunktur.

US-Wirtschaft verliert 300 Millionen Dollar pro Tag

Schon der Stillstand in vielen Behörden seit Dienstag hat Auswirkungen auf Unternehmen der weltgrößten Volkswirtschaft. Nachdem zunächst fast 800.000 Regierungsangestellte in den Zwangsurlaub geschickt wurden, droht jetzt Tausenden Industriearbeitern und externen Auftragnehmern ein ähnliches Schicksal.

MeinungShutdown in den USA
:Stunde der Ideologen

Wähler, die ihr Parlament verachten. Politiker, die Zivilität als Schwäche sehen. Parteien, die extreme Positionen befeuern: Was man in den USA schon seit einigen Jahren und nun im Haushaltsstreit beobachten kann, ist die Selbstzerstörung einer der ältesten Demokratien der Welt.

Ein Kommentar von Hubert Wetzel

Nach Angaben der Beratungsgesellschaft IHS verliert die US-Wirtschaft bereits jetzt etwa 300 Millionen Dollar (220 Millionen Euro) pro Tag. Dauere der Stillstand eine Woche, würde das Wirtschaftswachstum im vierten Quartal um 0,2 Prozentpunkte niedriger ausfallen. Allein für die Tourismusbranche ist der "Shutdown" verheerend: Im beliebten Westküstenstaat Kalifornien geben Besucher und Reisende jeden Tag umgerechnet 215 Millionen Euro aus. Doch weil sämtliche Nationalparks sowie viele Museen und Denkmäler geschlossen sind, müssen Zehntausende Besucher ihre Reisepläne umstellen.

Unter dem Stillstand der Staatsverwaltung leiden bereits verschiedene Firmen. Der Industriekonzern United Technologies erklärte am Mittwoch, schlimmstenfalls mehr als 5000 Mitarbeiter in Zwangsurlaub schicken zu müssen, wenn der "Government Shutdown" bis zum November anhalte. 2000 Mitarbeiter müssten schon ab Montag zu Hause bleiben, 2000 weitere wohl im Laufe der Woche. Zu United Technologies gehören Unternehmen, die auch das US-Militär beliefern, etwa mit dem Kampfhubschrauber UH-60 Black Hawk. Bei der Fertigung müssten staatliche Inspektoren anwesend sein, erläuterte der Konzern. Weil diese nun fehlten, müssen Bestimmte Produktionen angehalten werden.

Auch andere Firmen ächzen. So rechnet der britische Luftfahrt- und Rüstungskonzern BAE Systems dem Wall Street Journal zufolge damit, dass zehn bis 15 Prozent seiner 34.500 Mitarbeiter in den USA durch den Stillstand in den Zwangsurlaub geschickt werden müssen. Auch bei Boeing und Airbus kommt es der Zeitung zufolge zu Lieferverzögerungen für Verkehrsmaschinen, weil Beamte der US-Luftfahrtaufsicht FAA ebenfalls in Zwangsurlaub sind.

An den Börsen wurden bereits Auswirkungen des festgefahrenen Streits deutlich. Die Börse in Tokio gab am Freitagvormittag nach. Der Nikkei-Index für 225 führende japanische Werte notierte zur Handelsmitte bei einem Minus von 0,44 Prozent. Am Donnerstag hatte bereits der Dow-Jones-Index mit einem Minus von 0,9 Prozent geschlossen. Der breiter gefasste S&P-500 gab 0,9 Prozent auf 1678 Punkte nach. Der Index der Technologiebörse Nasdaq büßte 1,1 Prozent auf 3774 Punkte ein. In Frankfurt schloss der Dax 0,4 Prozent niedriger bei 8598 Zählern.

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